Land
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Jahr
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1938
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Länge
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95 min. (102 min.OF)
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Farbe
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Tonverfahren
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Mono
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Format
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35 mm (1.37:1)
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Regie | Howard Hawks | |
Drehbuch | Dudley Nichols, Hagar Wilde | |
Kamera | Russell Metty | |
Spezialeffekte | Vernon L. Walker | |
Schnitt | George Hively | |
Musik | Roy Webb | |
Ton | John L. Cass | |
Bauten | Van Nest Polglase, Perry Ferguson | |
Ausstattung | Darrell Silvera, Howard Greer | |
Kostüme | Howard Greer | |
Produktion | Howard Hawks für RKO | |
Verleih | CS |
16.02.1938 | |||
18.03.1966 | |||
19.4.1970, ARD / 26.02.1995, ZDF (OF) | |||
12.09.2000 (Kinowelt) | |||
01.03.2005 (Warner, Special Edition) |
?
Cary Grant | (David Huxley) | |
Katharine Hepburn | (Susan Vance) | |
Charles Ruggles | (Major Horace Applegate) | |
Barry Fitzgerald | (Mr. Gogarty) | |
May Robson | (Tante Elizabeth) | |
Fritz Feld | (Dr. Lehmann) | |
George Irving | (Mr.Peabody) | |
Walter Catlett | (Slocum) | |
Virginia Walker | (Alice Swallow) |
Ein guter Film, so geht eine alte Hollywood-Legende, fängt mit einem Weltuntergang an und steigert sich dann allmählich. Was Howard Hawks hier inszeniert hat, wird dem Motto durchaus gerecht. Howard Hawks lieferte mit seiner zweiten Komödie einen der berühmtesten Vertreter der Screwball-Comedies ab: Realitätsfremde Situationen, in der sich höchst exzentrische Menschen der sogenannten besseren Gesellschaft durch ihre Vergnügungen bringen und denen sie mit temporeichen, witzigen Dialogen und amüsanten Slapstickeinlagen wieder entkommen - um geradewegs wieder ins nächste aberwitzige Komödienklischee zu schlittern. Srewball-Comedies schaffen sich in ihren besten Augenblicken eine eigene verrückte Welt, in der für einen guten Gag jede Wahrscheinlichkeit geopfert wird. Ein weiters Charakteristikum des Genres ist die starke, weibliche Protagonistin, die durch ihr unkonventionelles Verhalten für die Verkehrung der gängigen Rollenmuster sorgt: so bringt Susan den gehemmten Wissenschaftler ständig in Verlegenheiten und stellt sein bis dahin in ruhigen Bahnen verlaufendes Leben durch ihre nonkonformistische Art auf den Kopf.
Der Film, der hauptsächlich von vielen kleinen, beinahe mikro-komischen Einfällen, Gesten, Bewegungen und Intonationen der Inszenierung und der Schauspieler lebt, widersetzt sich der Beschreibung. In Erinnerung bleiben Sequenzen voller übersprudelnder Komik: der Anfang am Rande des Golfplatzes, wo Susan und Paul sich das erste Mal begegnen; ihre nächste Begegnung in einem Nachtclub, in dem sie anfangs einen Oliventrick zum Besten gibt und wo am Schluß ein Teil ihres Kleides fehlt; die gemeinsame Autofahrt mit »Baby« im Fond von Susans Erbtante Elizabeth und der harmlose Zusammenstoß mit einem Hühnertransporter; in einem Wäldchen auf dem Land das Fahnden nach »Baby« und dem Hund George - gespielt von Asta, bekannt aus der Thin Man-Serie; zum Schluß eine aberwitzige Gefängnissequenz mit ständig wachsender Insassenzahl. Obwohl das Personal überschaubar bleibt und sich die Handlung im wesentlichen auf das skurrile Paar konzentriert, bricht schnell das Chaos aus. Räumliche Orientierung ist kaum möglich. Am deutlichsten wird das in der langen, nächtlichen Waldsequenz, die immer nur vorwärts treibt und die Gefühle füreinander auf einen Höhepunkt treibt - auch wenn es nicht immer so aussieht oder sich so anhört. Es sei in diesem Film die Bewegung »von der unnatürlichen Ordnung eines Museums hin zur natürlichen Unordnung des Waldes bei Nacht « zu beobachten, hat Robin Wood festgestellt.
»102 Minuten handelt der Film von nichts anderem als vom Sex, ohne allerdings von ihm zu sprechen, geschweige denn ihn zu zeigen. So ist das Wechselspiel zwischen dem wilden und dem zahmen Leoparden ein Spiegelbild dessen, was Susan mit David veranstaltet. Er, der sich als zweckrationaler Wissenschaftler, mit intakter Beziehung und sicherer Berufslaufbahn versteht, verliert in wenigen Tagen all das, was sein Leben ausmachte. Er regrediert vom Verstandes- zum Lustmenschen. In der Logik des Films gewinnt er, nachdem er durch Susan alles verloren hat, alles auf einer höheren Stufe wieder zurück. Beruf, Geld und Anerkennung sind nichts, wenn sie mit der Verdrängung lustvoller Gefühle erkauft sind, zeigt der Film mit der ihm eigenen Evidenz.« (Dietrich Leder in: Thomas Koebner (Hrsg.), Filmklassiker).
»Dudley Nichols und Hagar Wilde gingen von Wildes Geschichte aus und hatten offenbar großen Spaß daran, diese Reihe von amüsanten Komödienklischees und schrulligen Situationen zu einem tollen Lustspiel zusammenzubrauen. Hawks und seine Drehbuchautoren ließen keinen lustigen Einfall oder Ton-Gag aus - und doch scheint jede neue Wende im Skript frisch, geistreich und ansteckend lustig zu sein. Dazu trug vor allem auch die brillante Besetzung bei.« (Jerry Vermyle). Vieles wurde improvisiert, die Hauptakteure haben das Skript nach Gutdünken umgeformt. Howard Hawks, der seine Genrevielfalt stets mit thematischer Einfachheit verband, kam das entgegen: Für ihn gab es ohnehin keinen Film ohne Improvisation, was für ihn gleichbedeutend war mit der Umsetzung in die Sprache der Bilder, mit Inszenierung. Er war mit John Ford eng verbunden, auch mit Ernst Lubitsch, dessen Komödien er studierte, so wie viele andere nach ihm. »Wenn du Charaktere hast, kannst du den Plot vergessen.« - ein Satz, der auch von Ford stammen könnte. Und: »Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen lustigen Satz in einem Film verwendet zu haben«, d.h.: komisch wird ein Satz allein durch die Situation, den Kontext.
Leoparden küßten nicht spielte bei seiner Erstauswertung in den USA gerade seine Produktionskosten ein - ein Erfolg insofern, als Katharine Hepburn seinerzeit als Kassengift galt. Für Katharine Hepburn war Leoparden küßten nicht ein radikaler Abschied von Rührstücken und Kostümdramen. Unter Hawks enthüllte sie ein bislang unangezapftes Talent für Komik-Timing und sogar Slapstick. Dies verhalf ihrer Karriere zu einem dringend benötigten Aufschwung.
Fast 30 Jahre nach seiner Entstehung war Leoparden küßten nicht zum ersten Mal in deutschen Kinos zu sehen. Beinahe dreißig weitere hat es gedauert, bis der Film hierzulande im Fernsehen erstmals in der Originallänge gezeigt wurde. Was den damaligen deutschen Verleih von Leoparden küßten nicht dazu veranlaßt haben mag, bei Hawks' Komödie genau elfmal die Schere anzusetzen ist nicht einsichtig. In der Tat nehmen einige der nun wieder eingefügten Szenen dem Film etwas von seiner Rasanz, der unermüdlichen Jagd nach tausend Dingen. Diese Dialoge führen nicht weiter, wiederholen das Geschehene, betonen noch einmal dessen Absurdität oder bringen gar ein wenig Wehmut hinein. Aber das hätten Überlegungen eines Produzenten sein können, nicht aber die eines deutschen Verleihers. Zudem hatte das Studio ohnehin bereits auf eine Reihe von Szenen verzichtet.
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Richard B. Jewell in: Journal of Popular Film and Television, 4/1984; Enno Patalas in: Filmkritik, 4/1966; Oliver Rahayel in: film-dienst, 4/1995; Anke Sternebord in: filmwärts, 25/1993
Cinema Nr.159 (8/1991), S.69; Nr.211 (12/1995), Plakatkarte
Blumenberg, Hans-Christoph: Die Kamera in Augenhöhe, Köln 1979
Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die roßen Filme, Augsburg 1994
Grafe, Frida/Patalas, Enno: Im Off, München 1974
Hahn, Ronald/Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998
Karasek, Hellmuth: Mein Kino - Die 100 schönsten Filme, Hamburg 1994
Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995
McBride, Joseph: Hawks on Hawks, Berkeley 1982
Thissen, Rolf: Howard Hawks (Heyne Filmbibliothek), München 1987
Wood, Robin: Howard Hawks, London 1981