Land
|
|
|
Jahr
|
1925
|
|
Länge
|
60 - 75 min.
|
|
(1740/2026/2402 m)
|
||
Farbe
|
||
Tonverfahren
|
stumm
|
|
Format
|
35 mm (1.33:1)
|
|
Regie | Sergej Eisenstein | |
Drehbuch | Sergej Eisenstein nach einer Skizze von | |
Nina Agadshanowa-Schutko | ||
Kamera | Eduard Tissé, Wladimir Popow | |
Schnitt | Sergej Eisenstein | |
Musik | Nikolai Krjukow (alte Fassung), | |
Edmund Meisel (rekonstruierte Fassung) | ||
Ausstattung | Wassili Rachals | |
Produktion | Jacob Bliokh für Goskino | |
Verleih | Die Lupe/Freunde der Deutschen | |
Kinemathek (auch 16 mm) |
21.12.1925 | |||
29.4.1926 (WA: 12.8.1930) | |||
06.10.1967, ZDF | |||
07.10.1998 (Image Entertainment) | |||
24.02.2004 (Delta Entertainment) | |||
01.01.1999 (Eureka Video) | |||
06.07.2004 (Icestorm Entertainment) |
?
Alexander Antonow | (Wakulintschuk) | |
G. Alexandrou | (Offizier) | |
Wladimir Barski | (Kapitän Golikow) | |
Grigori Alexandrow | (1.Offizier Giljarowski) | |
Michail Gomorow | (Matjuschenko) | |
I. Brobow | (der Rekrut) | |
Zavitok | (Schiffsarzt) | |
A.V. Repnikowa | (die alte Lehrerin) | |
Einwohner von Odessa | ||
Matrosen der Schwarzmeerflotte | ||
Schauspieler des PROLET-KULT |
Ein eindrucksvolles Beispiel für Eisensteins Kunst der Montage ist die berühmte Sequenz auf der Treppe von Odessa, die immer wieder Gegenstand filmischer Reflektionen wurde. »Sechs Minuten, die Filmgeschichte machten: Das Massaker auf der Hafentreppe von Odessa. In die explosive Stimmung des Aufruhrs, dem nur noch der Funke zur Revolution fehlt, bricht brachial die Staatsgewalt. Im Gleichschritt, die Bajonette aufgepflanzt, marschiert plötzlich Militär die Treppe hinab. Die stumme Sequenz ist derart suggestiv, daß man die Stiefeltritte und Schüsse zu hören glaubt. Menschen stürzen, wälzen sich treppab, fallen, werden niedergetrampelt. Euphorie schlägt in Panik um. Die Bilder beginnen sich zu jagen. Gesichter in Großaufnahme, abwärts hastende Menschenleiber. Und dazwischen immer wieder, wie eine unabwendbare Naturkatastrophe, die näherrückenden Stiefel und Gewehre. Eine Mutter wirft sich den Soldaten entgegen, ein Kinderwagen rollt die Treppe hinab, die länger und länger wird. Furioser kann man auch heute nicht vorführen, was Film ausmacht. Wie Brecht weiß Eisenstein, daß erst das Fressen kommt und dann die Moral. Die Meuterei entzündet sich an einem von Maden wimmelnden Stück Fleisch, das der Mannschaft als Suppeneinlage vorgesetzt werden soll. Die Stimmung unter den Matrosen ist davor schon latent rebellisch - auf einzigartige Weise deutlich gemacht durch das bedrohliche Schaukeln der Hängematten unter Deck. Dieses Motiv wiederholt Eisenstein dann noch eindringlicher, wenn die unbesetzten Eßtische der Matrosen vor den konsternierten Offizieren hin- und herpendeln. Die Ökonomie seiner Mittel, die Eindringlichkeit seiner Bildsymbolik, der kühne Wechsel der Perspektiven und die immer wieder frappierenden Tempowechsel machen Eisensteins Film zeitlos modern. Der Alarmstart des Panzerkreuzers schlägt an optischer Dynamik allemal das hochgelobte Das Boot. Nur mit Zynismus oder Melancholie ist allerdings das revolutionäre Pathos zu ertragen, das der Regisseur seinem Werk als Glaubensbekenntnis mitgegeben hat. Kirche und Staat, personifiziert im Popen und Admiral, wirken wie Pappkameraden aus dem kommunistischen Lehrbuch. Der Heldentod des hinterrücks erschossenen Meuterei-Anführers zeigt Eisensteins gefährliche Begabung für propagandistisch ausschlachtbare Melodramatik. Später wurde Eisenstein als Formalist verdammt. Daran ist etwas Wahres. Im Panzerkreuzer Potemkin verwandelt sich Parteihistorie in bewegte Kunst: Der Film ist ein einziges Ballett von Bildern, Eisenstein hat die Revolution weniger ideologisch als choreographisch inszeniert.« (Stern).
Panzerkreuzer Potemkin war eine Auftragsarbeit zur Feier des zwanzigjährigen Jubiläums der Russischen Revolution von 1905. Im Drehbuch war ursprünglich vorgesehen, einen Überblick über das revolutionäre Geschehen an verschiedenen Orten des Zarenreiches zu geben, und so begann Eisenstein auch zunächst in Leningrad mit den Dreharbeiten. Sehr schnell erkannte Eisenstein, daß die Geschichte des Matrosenaufstands und die nachfolgende Solidarisierung des Proletariats als Thema einen ganzen Film tragen könne und er entschloß sich die revolutionäre Erhebung auf dem Panzerkreuzer zum alleinigen Gegenstand des Films zu machen. Der Film erlebte am 21.Dezember 1925 im Bolschoi-Theater seine glanzvolle Uraufführung und löste Bewunderung und Begeisterung aus. Für Sergeij Eisenstein war die Aufgabe des Künstlers, Zeugnis von seiner Epoche abzulegen: »Ich kann nichts anderes in meinen Werken zum Ausdruck bringen als die Größe der revolutionären Zeit.«
<Seit 1986 liegt der Film in einer vom Münchner Filmmuseum bearbeiteten authentischen Fassung vor, die nicht nur die originale Szenenfolge und den historischen Wortlaut der Zwischentitel in ihrer ursprünglichen Formgebung wiederherstellte, sondern auch die leitmotivisch wiederkehrende Revolutionsflagge rot kolorierte; die seit 1930 als verschollen geltende Musik von Edmund Meisel wurde hierfür von dem Düsseldorfer Dirigenten und Komponisten Mark Andreas an Hand eines aufgefundenen Klavierauszugs rekonstruiert.
-
|
WB in: film-dienst, 7/1978; Juri Chanjutin in: Film und Fernsehen, 11/1977, Willy Haas in: Filmkurier Nr.101, 30.4.1926; Felix Henseleit in: Reichsfilmblatt Nr.19, 8.5.1926; K.E.K. in: Tägliche Rundschau, 30.7.1926; L. Quiddo in: Berliner Volkszeitung, 31.8.1926
Engelhard, Günter/Schäfer, Horst/Schorbert, Walter: 111 Meisterwerke des Films (Fischer Cinema), Frankfurt a.M.1989
Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die großen Filme, Augsburg 1994
Faulstich, Werner/Korte, Helmut (Hrsg.): Fischer Filmgeschichte Bd.2 1925- 1944, Frankfurt a.M. 1990
Heinzlmeier, Adolf: Kinoklassiker, Hamburg/Zürich 1986
Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989
Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995
Manthey, Dirk (Hrsg.): Goldenes Kino (Cinema-Buch), Hamburg 1986
Weise, Eckhard: Eisenstein, Reinbek 1975