Spiel mir das Lied vom Tod




Technisches
Land
 
IUSA
Jahr
 
1968
Länge
 
165 min.
 
(Original: 176 min.)
Farbe
 
Color
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm
 
(2.35:1,Techniscope)
Western


Credits
Regie   Sergio Leone
Drehbuch   Sergio Leone, Sergio Donato, Dario
    Argento, Bernardo Bertolucci
Kamera   Tonino Delli Colli
Schnitt   Nino Baragli
Musik   Ennio Morricone
Ton   Claudio Maielli
Bauten   Carlo Simi
Ausstattung   Carlo Leva
Kostüme   Carlo Simi
Maske   Alberto De Rossi, Giannetto De Rossi
    (Make-up), Grazia De Rossi (Frisuren)
Produktion   Fulvio Morsella, Bigno Cicogna für
    Rafran Cinematographica/San Marco Films
Verleih   Paramount, CIC-Taurus (Video)

Erstaufführung

Kinostart
D
  14.08.1969
       
Videostart
D
  November 1983
       
 TV-Premiere
D
  03.10.1991, SAT1
D
  12.4.1998, Pro7 (Director's Cut)
       
DVD
USA
  18.11.2003 (Paramount)
D
  10.04.2002 (CIC)
D
  02.10.2003 (Paramount)
D
  06.10.2005 (Single Edition, Paramount)


Einspielergebnisse
 
D
 
> 6000000 Zuschauer


Darsteller
Henry Fonda   (Frank)
Claudia Cardinale   (Jill McBain)
Jason Robards   (Cheyenne)
Charles Bronson   (Harmonika)
Frank Wolff   (McBain)
Gabriele Ferzetti   (Morton)
Keenan Wynn   (Sheriff)
Paolo Stoppa   (Sam)
Marco Zuanelli   (Wobbles)
Lionel Stander   (Barmann)
Jack Elam   (Knuckles)
John Frederick   (Mitglied von Franks Bande)
Woody Strode   (Stony)
Enzio Santianello   (Timmy)


Inhalt
Drei Männer verscheuchen einen Bahnwärter von seiner einsamen Bahnstation. Sie nehmen Aussichtsplätze ein und warten auf den Zug. Zehn Minuten. Ein Mann mit einer Mundharmonika steigt aus. Er sucht den Chef der drei Männer. Sie wollen ihn nicht mitnehmen und sagen, sie hätten nur drei Pferde. "Zwei zuviel", sagt der Mann und schießt die drei Männer tot. Zur gleichen Zeit bereitet ein Farmer namens McBain, der eine Tochter und zwei Söhne hat, auf seiner Farm ein Festmahl, denn McBain hat sich in New Orleans eine neue Frau genommen, Jill, deren Ankunft alle erwarten. Sie soll mit der Kutsche ankommen, denn die Eisenbahnstrecke geht erst bis zu einer entfernten Ortschaft. Später soll die Eisenbahn allerdings direkt über McBains Grund und Boden führen, und dann soll auf diesem Boden eine große Bahnstation entstehen. Während das Festmahl bereitet wird, hört McBain plötzlich einen Schuß. Dann sieht er, wie seine Tochter umfällt. Dann fällt ein weiterer Schuß, und McBain wird erschossen. Und auch sein ältester Sohn, der gerade die Kutsche anspannt, fällt einer Kugel zum Opfer. Dann kommt der jüngste Sohn aus dem Haus und er sieht einen Mann, der mit anderen Männern auf ihn zukommt. Dieser Mann hat blaue Augen und heißt Frank, und er schießt den Jungen ebenfalls tot. Frank handelt im Auftrag von Morton, der die Eisenbahn bis zum Pazifik weiterbauen will. Das ist sein Traum und in seinem Traum hört er oft das Wasser des Ozeans rauschen. McBain, der den Grund hatte, über den die Schienen führen sollen, und die Quelle, ohne die man keine Station und keine Stadt errichten kann, war ihm dabei im Wege. McBains junge Frau Jill, die McBain in New Orleans geheiratet hat, kommt mit dem Zug an und muß sich eine Kutsche nehmen, weil die Kutsche, die sie abholen soll nicht kommt. Sie macht Rast auf einer Kutschenstation und erfrischt sich im Saloon. Und in diesem Saloon ist auch der Mann, den man Harmonika nennt, weil er oft eine seltsame Melodie auf einer Harmonika spielt. Und in diese Station und diesen Saloon kommt ein Mann, den man Cheyenne nennt; er trägt Handschellen, denn er ist ein Outlaw und aus der Haft entflohen, und auf seinen Kopf sind 5000 Dollar ausgesetzt. Er ist schon sein ganzes Leben auf der Flucht, aber er hofft, eines Tages mal zur Ruhe zu kommen. Er läßt sich die Handschellen entzweischießen und kann sich nun wenigstens frei bewegen. Jill McBain kommt zu der Farm, deren Herrin sie werden sollte, und sie findet die Menschen, die ihre Familie werden sollten, aufgebahrt. Sie lernt den Traum ihres Mannes kennen, aber sie glaubt nicht ihn erfüllen zu können. Und Frank begegnet dem Mann mit der Harmonika, der nicht verrät wer er ist; aber zählt die Namen derer auf, die Frank ermordet hat und er rettet ihm sogar das Leben, als Morton Frank umbringen lassen will. Und die Witwe McBain entschließt sich, ihren Besitz versteigern zu lassen, was ihr nicht mehr als 500 Dollar einbringen würde, weil ihr Feind Frank die Bieter bedroht. Dann kommt der Mann mit der Harmonika und übergibt dem Sheriff den Outlaw Cheyenne und kassiert das Kopfgeld; damit ersteigert er die Farm und gibt sie der Witwe zurück. Und Morton wird von Frank erschossen und sterbend sieht er nicht den blauen Pazifik, sondern die schmutzige Pfütze, in die er sterbend gefallen ist. Dann muß sich Frank mit Harmonika schießen, aber der Mann mit der Harmonika schießt schneller, und als der Mann ihm die Harmonika in den Mund steckt, damit er mit seinem letzten Atem eine scheußliche Melodie spielen kann, kapiert Frank endlich alles und weiß, warum er so sterben muß. Er hatte einst einen Mann aufgehängt, dem wollte er damals einen qualvollen Tod bereiten. Deshalb hatte er den Bruder dieses Mannes gezwungen, den mit einem Strick um den Hals Todgeweihten auf seinen Schultern zu tragen und ihm dazu noch eine Harmonika zwischen die Lippen gepreßt. Und der kleine Bruder von damals ist der Mann mit der Harmonika, auf der Frank nun seine eigene Melodie vom Tod spielen muß. Und der Outlaw ist inzwischen aus dem Gefängnis ausgebrochen, aber er hat eine Kugel erwischt und stirbt. Jill McBain geht zum Brunnen, während der Mann mit der Harmonika fortreitet und den sterbenden Cheyenne mit sich nimmt.

 


Kritik

»Und während Claudia Cardinale zum Brunnen geht, fährt die Kamera zum Himmel empor und umfaßt in einer triumphalen Totale den ganzen Film vom Westen, der einmal war, und damit die Geschichte Amerikas. Mutter Amerika, ihrer Herkunft nach vermutlich eine Hure aus New Orleans, hat ihre Söhne, die ihre Rollen bis zur Erschöpfung und zum Tode gespielt haben und tot sind oder auch auf dem Weg in eine neue Wildnis, überlebt und herrscht über viele fleißige Hände, deren Ehrgeiz nach keiner Rolle geht.« (Joe Hembus, Western-Lexikon). Sergio Leone: »Die Entstehung des amerikanischen Matriachats.« (Pardon). Aber als Traum. John Ford steht im Zentrum des Westens und erzählt die Geschichte Amerikas als Tragödie: The Searchers. Sergio Leone sieht von außen in den Westen und erlebt die Geschichte Amerikas als Traum, oder vielmehr als Traum eines Traumes.

»Once Upon A Time In The West ist der Bericht von einer Reise in ein fernes Land. Von seiner Reise hat Leone Bilder des Promised Land zurückgebracht, Bilder einer Sehnsucht und eines Traumes. Er hat diese Bilder mit den Mitteln der Oper verknüpft. Once Upon A Time In The West ist Guiseppe Verdi gleichermaßen verpflichtet wie John Ford. Und indem Leone amerikanische Bilder einer europäischen Struktur verpflichtet, macht er ihre Schönheit erfahrbar als die eines Traumes. Das in jeder Einstellung schmerzlich präsente Bewußtsein von der Vergeblichkeit, den Traum ungebrochen zu reproduzieren, sichert dem Film die Authentizität des Unwirklichen.« (H.C. Blumenberg, Film).

»Der Film ist eine radikale Abkehr von Leones eigenen früheren Western wie vom ganzen sonstigen Italo-Western und in seinen Absichten wie in seiner spezifischen Qualität ein Western, der keine Konkurrenz hat. Sequenzen, wie die beiden Expositionen, die die Figur Bronsons und dann die Figur Fondas einführen, sind ganze Filme für sich und wären früher weder in amerikanischen noch in italienischen Filmen (nicht nur Western) denkbar gewesen.« (Joe Hembus, Western-Lexikon).- »In diesem Film hebt sich die Zeit durch schier endlose Zerdehnung einzelner Aktionen auf; die Bewegung der Protagonisten und die des Films sind nicht mehr, wie im amerikanischen Film, identisch.« (Georg Seeßlen, Romantik und Gewalt). Landschaftstotalen wechseln sich ab mit extremen Großaufnahmen von Gesichtern. Das Montageprinzip folgt der dualen Struktur von harten Action-Szenen und (für den Western unüblichen) sehr langsamen Szenen, die Situationen bis ins winzigste Detail durchleuchten. An der Konzeption solcher Sequenzen, die nach Seeßlen eine »beinahe rauschhaft zu erfahrende Ungleichzeitigkeit bewirken«, war der seinerzeit noch relativ unbekannte Bernardo Bertolucci beteiligt. Bertolucci: »Ich habe mir die magischen Orte und Momente der Filmgeschichte zusammengesucht, die ich am meisten liebe. Ich habe den Film von Leone mit Zitaten gefüllt, von denen nicht einmal er selber weiß, daß es Zitate sind. Es gibt ganze Sequenzen, z.B. der ganze Anfang bis zum Auftauchen von Claudia Cardinale, die Einstellung für Einstellung und Wort für Wort so gedreht worden sind, wie ich sie geschrieben habe. Der Film ist ein bißchen zu intellektuell, aber für mich ist es Leones bester Film.« (Positif).

Die Akteure werden zu Typen stilisiert wie aus einer Western-Galerie: Cheyenne verkörpert den Banditen im alten Stil, dessen Zeit sichtlich abgelaufen ist und der am Ende sterben muß, weil er es nicht fertigbringt auf einen Krüppel zu schießen. Frank ist der eiskalte Killer, der selbst Ambitionen hat, an die Spitze der Eisenbahngesellschaft zu gelangen, aber nicht versteht, daß ein Revolver allein zur Entfaltung von Macht nicht ausreicht. Morton - mit einem Anflug von persönlicher Tragik gezeichnet - ist der Kapitalist, der vor keinem Verbrechen zurückschreckt, um seine Interessen durchzusetzen, dessen Traum, mit seinen Schienen den Pazifik zu erreichen, jedoch in einer Pfütze neben seiner Eisenbahn endet. Harmonika, der Rächer, besitzt überhaupt keine Identität jenseits des Motivs, Frank im Duell zu töten, und so reitet er zum Schluß in das Nichts, aus dem er gekommen ist. Dieses Figurenarsenal, das in den klassischen Werken des Genres Aspekte des Western-Mythos verkörpert, hat in Leones Film seinen angestammten Platz verloren: Das Gute ist dieser Welt ausgetrieben, die Akteure des alten Westerns treten ab und werden ersetzt von der anonymen Funktionsweise des in das Land eindringenden Kapitalismus und seinen gewalttätigen Handlangern. Doch liegt in dieser Beobachtung kein Bedauern und nur wenig Melancholie. Es wird nicht die gute alte Zeit abgelöst, sondern eine Barbarei von einer neuen.

»C´era una volta il West war Leones erster Film, für den er Aufnahmen in Amerika drehte; daß er dabei auch im Monument Valley gedreht hat, haben ihm Puristen als Sakrileg angerechnet - Monument Valley gilt als Ford-Country. Für die Rolle des Harmonika-Spielers wollten ihm seine amerikanischen Geldgeber Clint Eastwood aufzwingen. Leone verpflichtete zuerst Henry Fonda und ließ ihm die Wahl, ob er Harmonika oder Frank spielen wollte: daß Fonda sich für den Schurken entschied, machte dann beiden viel Spaß. Fonda: ›Ich habe jede Minute genossen, Leone ist eine unglaubliche Type.‹ (Dialogue On Film). Bronson für die andere Rolle durchzusetzen, kostete in viel Hartnäckigkeit und den Wechsel von der United Artists, die den Film zuerst machen wollte, zur Paramount. Bronson hatte zu dieser Zeit nur einen geringen Marktwert. Leone, sich an diese Kämpfe erinnernd: ›Charley Bronson? Sie wollen uns wohl hochnehmen?!‹ Leone war es sich selber schuldig, Bronson durchzusetzen: er hatte schon vergeblich versucht, ihn für den ersten Dollar-Film zu bekommen.« (Joe Hembus, Western-Lexikon).

Eines der wichtigsten Elemente in Leones Film ist die Musik von Ennio Morricone, mit dem der Regisseur schon bei seiner Dollar-Trilogie gearbeitet hatte. Jede der vier Hauptfiguren erhielt ein eigenes Thema, gespielt von einem bestimmten Instrument: Mundharmonika für Bronson, beißende E-Gitarre für Fonda, Banjo für Robards sowie Opernstimme und Geigen für Cardinale. Interessant ist, daß der Score bereits vor Beginn der Dreharbeiten fertiggestellt war und Leone seinen Darstellern die Musik am Set vorspielte, damit sie Ausdruck und Bewegungen darauf abstimmen konnten. Die Musik trug zu einem Großteil dazu bei, daß Spiel mir das Lied vom Tod nach einem recht erfolglosen Erststart noch einmal in die Kinos gebracht wurde und dann sensationelle Ergebnisse erzielte. Kassenrekorde purzelten, und in Frankreich, wo der Film teilweise über vier Jahre ununterbrochen lief, setzte er sich an die Spitze der größten Kassenhits und löste sogar eine Modewelle aus. In den USA waren die Ergebnisse weniger befriedigend, denn Co-Produzent Paramount hatte das Werk nach kurzem Einsatz in New York und schlechten Kritiken auf eine Länge von 144 Minuten gestutzt und ihm so jeden Rhythmus und erzählerischen Fluß genommen. Erst 1984 kam dort eine restaurierte Fassung in die Kinos. Mit dem Revolutionsfilm Todesmelodie (1971) und dem Gangsterdrama Es war einmal in Amerika (1984) erweiterte Leone Spiel mir das Lied vom Tod zu einer Trilogie über den Mythos Amerika.



Auszeichnungen
Goldene Leinwand, Deutschland
Jahr Kategorie
1984

 

Goldene Leinwand mit 1 Stern

 


Bewertung


Literatur

Harald Greve in: Filmkritik, 9/1969; Richard T. Jameson in: Film Comment, 2/1973; John Pym/Steve Jenkins in: Monthly Film Bulletin, 583/1982; Wim Wenders in: Filmkritik, 11/1969

de Fornari, Orneste: Sergio Leone, München 1984

Engelhard, Günter/Schäfer, Horst/Schorbert, Walter: 111 Meisterwerke des Films (Fischer Cinema), Frankfurt a.M.1989

Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die großen Filme, Augsburg 1994

Faulstich, Werner/Korte, Helmut (Hrsg.): Fischer Filmgeschichte Bd.4 1961-1976 (Fischer Cinema), Frankfurt a.M. 1992

Frayling, Christopher: Spaghetti Westerns, London/Boston 1981

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998

Heinzlmeier, Adolf: Kinoklassiker, Hamburg/Zürich 1986

Heinzlmeier, Adolf/Menningen, Jürgen/Schulz, Berndt: Kultfilme, Hamburg 1983

Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989

Hembus, Joe+Benjamin: Western-Lexikon (2.Auflage), München 1995

Jeier, Thomas: Der Western-Film (Heyne Filmbibliothek), München 1987

Kiefer, Bernd/Grob, Norbert/Stiglegger, Marcus (Hrsg.): Filmgernes: Western, Stuttgart/Leipzig 2003

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995

Manthey, Dirk (Hrsg.): Goldenes Kino (Cinema-Buch), Hamburg 1986

Müller, Jürgen: Filme der 60er, Köln 2004

Peary, Danny: Cult Movies, New York 1981



Weblinks

IMDB