American Diner




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1982
Länge
 
110 min.
Farbe
 
color
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (1.85:1)
Drama
Komödie


Regie   Barry Levinson
Drehbuch   Barry Levinson
Kamera   Peter Sova
Spezialeffekte   Charles Schulthies
Schnitt   Stu Linder
Musik   Bruce Brody, Ivan Kral
Ton   Darin Knight, Gary Alexander, Chris
    Jenkins, Larry Stensvold, Paul Hochman
    (Schnitt)
Prod.-Design   Leon Harris
Bauten   R. Chris Westlund
Ausstattung   Leon Harris
Kostüme   Gloria Gresham
Maske   Irving Buchman (Make-up), Christine
    George (Frisuren)
Produktion   Jerry Weintraub für MGM, SLM
    Entertainment
Verleih   Arsenal/FiFiGe


Kinostart
USA
  05.03.1982
D
  Juni 1987, Filmfest München
      (Kinostart: 06.09.1990)
       
TV-Premiere
D
  30.11.1987, ARD
       
DVD
USA
  04.04.2000 (Warner Home Video)


 
USA
  14100000 $ USA


Steve Guttenberg   (Eddie)
Daniel Stern   (Shrevie)
Mickey Rourke   (Boogie)
Kevin Bacon   (Fenwick)
Timothy Daly   (Billy)
Ellen Barkin   (Beth)
Paul Reiser   (Modell)
Kathryn Dowling   (Barbara)
Michael Tucker   (Bagel)
Jessica James   (Mrs.Simmons)


Baltimore 1959 - in der Woche von Weihnachten bis Silvester. Das Diner, jene spezifisch amerikanische Übergangsform zwischen Imbißbude und Fast-Food-Restaurant, in dem man rund um die Uhr essen, trinken und über die Dinge des Lebens sprechen kann, erhellt chromglänzend die triste Szenerie am Stadtrand von Baltimore rund um die Uhr mit seinem Neonlicht. Es dient noch einmal eine Woche lang wie früher sechs Freunden als ständiger Treffpunkt. Hier hängen sie herum, machen ihre Witze, reden über Baseball, Sex und was sonst noch wichtig sein mag für einen Amerikaner an der Schwelle zum Erwachsensein. Doch schon längst ist es nicht mehr so, wie es früher einmal war. Shrevie ist z.B. als einziger bereits verheiratet ist und hat bei ihren Diskussionen immer einen leicht melancholischen Zug um die Mundwinkel. Seine diesbezüglichen Erinnerungen stehen in Form einer Schallplattensammlung wohlsortiert daheim im Schrank, und zornig wird er nur, wenn seine Frau Beth da etwas durcheinander bringt. Boogie, den Sunnyboy der Clique, plagen andere Sorgen. Um seine Spielschulden loszuwerden, schließt er unablässig abstruse Wetten auf seine Verführungskünste ab, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Eddie will demnächst Elyse heiraten, aber nur wenn seine Braut zuvor bei einem 140-Fragen-Baseball-Quiz mindestens 62 Punkte erreicht. Sie fällt durch, doch am Ende heiratet Eddie sie trotzdem. Auch Billy, der in New York studiert und nur zu Besuch zu Hause in Baltimore ist, denkt ans Heiraten, aber seine schwangere Freundin Barbara steht mehr auf Karriere. Einzig bei Fenwick, dem Problemfall der Clique, entlädt sich diese latente Unzufriedenheit von Zeit zu Zeit in makabren Scherzen oder blinder Aggression, wenn er seinen Freunden einen Autounfall vortäuscht oder zur Weihnachtszeit die Krippenfiguren der Heiligen Drei Könige verprügelt. So befinden sich eigentlich alle in einem Zwischenstadium, das zum einen noch von fast kindlichen Albernheiten geprägt ist, zum anderen aber bereits eindeutige Züge von Resignation trägt. Studium oder Beruf, Heirat und Familie heißen die Schlüsselwörter ihrer Zukunft, und in der Ahnung, daß ihre Jugend schon Vergangenheit ist, beginnen sie, Erinnerungen auszutauschen, wie schön es doch früher war, und versuchen, einige der ungezwungenen Freuden der Jugend noch einmal, ein letztes Mal, zu erleben, ehe Eddies Hochzeit schließlich auch zu ihrem Abschied von der Jugend wird.

 


Diner spielt Ende der 50er Jahre in Baltimore, eine Reminiszenz des Regisseurs an seine Heimatstadt. Sicher bedient sich der Film einer detailbesessenen, liebevollen Ausstattung, und bei einigen Einstellungen haben zweifellos Bilder des Malers Edward Hopper Pate gestanden. Doch Interieurs und Garderobe erscheinen hier weniger als schickes Styling denn als selbstverständliches Zeitkolorit, dem die Kamera darüber hinaus kaum Beachtung schenkt. Der Film, der auf einen Plot im klassischen Sinn verzichtet, lebt in erster Linie von den Dialogen. Hier gelingt es Levinson nicht nur, aus seinen Allerweltsfiguren ganz allmählich komplexe Charaktere zu machen, sondern darüber hinaus eine schwer greifbare Stimmung zwischen Banalität und Ernsthaftigkeit, Ritual und Spontaneität zu erzeugen. Und wie die Dialoge bei allem Humor auf billige Pointen verzichten, beobachtet die Kamera die Personen stets aus einer verhaltenen Distanz, die jedoch nie in eine ironisch-besserwisserische umkippt. »Levinson macht seine Jugendzeit Ende der fünfziger Jahre nicht zum Thema autobiographischen Erzählens, sondern findet in ihnen einen Anlass, sich weitaus komplexer zu erinnern und darüber zu reflektieren: Was heißt es, erwachsen zu werden; was heißt es, an der Schwelle zu den sechziger Jahren erwachsen zu werden; was heißt es, in dieser Zeit ein Mann zu werden? Die kleinen Episoden dienen weniger dem Erzählen einer zielgerichteten Handlung als vielmehr der liebevollen Charakterisierung der Figuren, in deren Zentrum Eddie steht, an dem sich alle anderen Figuren kontrastieren lassen. Um ganz sicher zu gehen, dass er nicht an eine irrationale Frau gerät (wie etwa Billys Freundin, die berufstätig, emanzipiert, von Billy schwanger, aber nicht zur Heirat bereit ist) und dass seine zukünftige Frau seine große Leidenschaft für Football mit ihm teilen kann (anders als Shrevies Gattin Beth, die dessen Liebe zur Musik nicht versteht), und um vielleicht doch noch dem Unausweichlichen entgehen zu können, unterzieht er seine Braut einem Footballquiz, das zum retardierenden Moment des Films wird. Im Gegensatz zur komplexen Anlage der männlichen Figuren bleibt die der weiblichen eher oberflächlich. Doch das Schablonenhafte der Frauenfiguren gibt die Vorstellung der männlichen Figuren wieder. Die Drohungen der neuen, fremden Welt, in die sie entlassen werden, entfaltet der Film nicht an den zu erwartenden Pflichten in Studium oder Beruf, sondern am neu zu definierenden Verhältnis zu den rätselhaften weiblichen Wesen im sich weitenden Kosmos der jungen Männer, deren frauenloser Heimatplanet das Diner ist. Wie die Zeit zwischen Weihnachtsabend und Neujahrstag, die Zeit zwischen den Jahren, für die Schwellensituation der jungen Männer steht, so wird das Diner zum Symbol der Jugend und der Erinnerung an sie, zur Reliquie: ›Wir haben immer noch das Diner‹, ist das häufig zitierte Motto, das über den Verlust hinweghelfen soll.« (Astrid Meirose / Volker Pruß in: Thomas Koebner (Hrsg.), Filmklassiker).

Heute gilt Diner als Kultfilm, der nicht nur Mickey Rourke bekannt machte, sondern auch den Grundstein für die Karrieren von Steven Guttenberg, Kevin Bacon und Ellen Barkin legte. Der Film wurde zu Recht häufig mit George Lucas' American Graffiti verglichen. »Doch anders als sein knapp zehn Jahre älterer Vorläufer, der insbesondere durch seine glanzvollen Bilder und die alles dominierende Musik die altgewordene Jugend der frühen sechziger Jahre so in Szene setzt, daß dahinter die Morgendämmerung des angebrochenen Jahrzehnts zu verschwinden droht, korreliert Diner den besonderen zeitkritischen Bezug mit allgemeinen Reflexionen über die Geschlechter, über Jugend und Erwachsensein und ist damit sicherlich ein weniger spektakulärer, aber tiefgründigerer und vielleicht auch ehrlicherer Film.« (Astrid Meirose / Volker Pruß in: Thomas Koebner (Hrsg.), Filmklassiker).



Academy Awards, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1983
Oscar
Bestes Originaldrehbuch - Barry Levinson (Nominierung)
 
Golden Globes, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1983
Golden Globe
Beste Komödie/Musical (Nominierung)
 


 
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Reinhard Lüke in: film-dienst, 18/1990; Martin Rabius in: epd Film, 10/1990

Cinema Nr.143 (4/1990), S.28

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995