Land
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Jahr
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1966
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Länge
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88 min.
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Farbe
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Tonverfahren
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Mono
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Format
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35 mm (1.66:1)
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Regie | Sergio Corbucci | |
Drehbuch | Franco Rossetti, Jose G. Maesso, | |
Piero Vivarelli | ||
Kamera | Enzo Barboni | |
Schnitt | Nino Baragli, Sergio Montanari | |
Musik | Luis Enrique Bacalov | |
Ton | Bernardino Fronzetti | |
Bauten | Francisco Canet | |
Ausstattung | Carlo Simi | |
Kostüme | Marcella De Marchis, Carlo Simi | |
Maske | Mario Van Riel (Make-up), Grazia De Rossi | |
(Frisuren) | ||
Produktion | Sergio Corbucci, Manolo Bolognini für | |
B.R.C. Rom/Tegisa Madrid | ||
Verleih | Constantin |
06.04.1966 | |||
02.11.1966 | |||
23.11.1999 (Anchor Bay) | |||
07.01.2002 (Blue Underground) | |||
28.10.2003 (Kinowelt) | |||
01.08.2006 (Kinowelt) |
?
Franco Nero | (Django) | |
Loredana Nusciak | (Maria) | |
José Bódalo | (General Hugo Rodriguez) | |
Ángel Álvarez | (Nataniele) | |
Eduardo Fajardo | (Major Jackson) | |
Jimmy Douglas | ||
Simone Arragia | ||
Ivan Scratuglia | ||
Erik Schippers | ||
Raphael Albaicin | ||
José Canalejas |
Neu an Django als Typus des Western-Helden ist sein fehlender Idealismus, seine Cleverness, gepaart mit Zynismus und Brutalität. Er ist ein Mann mit Vergangenheit und er überlebt nicht, weil er mutiger, sondern weil er schlauer ist als seine Gegner. Corbucci: »Franco Nero war zum erstenmal im Italo-Western ein neuer Typ: kalt, nicht lächelnd - mit einem Geheimnis.« Mit Django endet die traditionelle Ethik des klassischen Westen und beginnt die anarchistische Ästhetik des Italo. Die Grausamkeit nimmt zu, Gut und Böse werden nahezu ununterscheidbar, es geht nicht um Ehre und Mannesmut, sondern um Dollars und ums nackte Überleben. Corbucci: »Django ist ein schwarzer Western.«
Die Szenerie des Italo sind karge Schluchten und verödete farblose Hügel, verregnete Siedlungen, Elendsgettos des Westens. Entsprechend diesem trostlosen Ambiente kam ein verdrecktes, abgetakeltes Personal: Kopfgeldjäger, Säufer, korrupte oder schwächliche Sheriffs, Krüppel und alle Sorten von Desperados beherrschen die Szene. Und überraschenderweise eine neue Spezies glutäugiger Frauen, nicht selten mexikanischen oder indianischen Ursprungs. Der schweigsame Held ist nicht länger asketischer Einzelgänger, sondern ein sinnlicher Typ - Erotik und Frauen gehören wie selbstverständlich zu seinem Leben. Die Braut blickt nicht mehr sehnsüchtig ihrem Helden nach, wie er davonreitet - sie reitet im Italo-Western an seiner Seite, kämpft mit oder gehen ihn, im Bett, in der Prärie oder wo auch immer. Typisch für den Italo ist auch die Konfliktsituation in Django: Der einsame Fremde mit seiner Schönen fightet nicht mehr auf der Seite der Guten, bildet keinen Gegenpol mehr zu den Schurken - Django steht abwartend zwischen den Parteien, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite der Auseinandersetzung. Der Italo-Western greift hier die Tradition des japanischen Samurai-Films.
Django als der sinistre Guru des neuen Anarcho-Westerns entpuppte sich zugleich als Spaßvogel von archaischen Dimensionen, er hätte ebenso gut einer griechischen Tragödie wie einem billig vergagten Totschlag-Melodram entstiegen sein können. Tatsächlich standen bei seiner Geburt neben dem japanischen Film auch die Commedia dell'arte und der italienische Schelmenroman Pate. Die Filme des Italo-Western entfernen sich zwar von der historischen Wirklichkeit des amerikanischen Westens, sie gewannen aber auf der anderen Seite eine tiefere Wahrheit hinzu. Corbucci: »Der italienische Western ist dem Wilden Westen viel näher als der amerikanische, in dem von den Kostümen über die Sprechweise bis zu den Drehbüchern alles verfälscht worden ist. In Europa sind nur die Filme gewalttätig, in Amerika regiert die totale Gewalt.«
Django setzte aber nicht nur in puncto Gewalt neue Maßstäbe, er wies auch den Weg zu den politischen Western, wie Sergio Sollima (Von Angesicht zu Angesicht), Damiano Damiani (Töte, Amigo) und Corbucci selbst sie später drehten. Der böse Major Jackson ist ein rechter Südstaatler, der die Mexikaner als minderwertig betrachtet, während der General und seine Mannen eine Gegenregierung etablieren wollen - oder sind sie nur hinter dem Gold her? Die mexikanische Revolution sollte Corbucci noch reichlich Gelegenheit zu Exkursen in politischer Moral und Verantwortung bieten. Den Italo charakterisiert ein überscharfer Realismus, die Figuren sind nicht länger geschönt, die Gesichter nicht mehr hell ausgeleuchtet. Seine Welt ist das existentielle Niemandsland und Django zweifelsohne ein Reflex auf die gesellschaftliche Realität jener Zeit, filmischer Ausdruck der 68er Revolte. In diesem Sinne ist Django auch als Kultfigur zu sehen. »Der Held mit dem Sarg wurde von der 68er Jugend als Kultfigur angenommen, weil seine Gestalt dem anarchistischen Klima entsprach. Weniger durch schnelles Ziehen als durch Bauernschläue erobert der Held die Gunst des Publikums. Nicht der bessere Mann gewinnt, sondern der mit den moderneren Waffen. Keine verlogene Moral belastet diese Filme, sie schlagen das System mit den eigenen Methoden - daher kommt ihre befreiende Wirkung.« (Heinzlmeier/Menningen/Schulz, Kultfilme).
Django war ein gewaltiger Kassenerfolg und zog nahezu dreißig Fortsetzungen nach sich, von denen allerdings viele vom deutschen Verleih (durch Umtitelung und Umsynchronisierung) mutwillig in Zusammenhang mit diesem Charakter gebracht wurden. Nero tauchte noch zweimal in der Titelrolle auf - als Django, der Rächer und in dem verspäteten Djangos Rückkehr von 1985.
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Cinema Nr.90 (11/1985), S.114
Heinzlmeier, Adolf/Menningen, Jürgen/Schulz, Berndt: Kultfilme, Hamburg 1983
Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989
Hembus, Joe+Benjamin: Western-Lexikon (2.Auflage), München 1995
Jeier, Thomas: Der Western-Film (Heyne Filmbibliothek), München 1987
Kiefer, Bernd/Grob, Norbert/Stiglegger, Marcus (Hrsg.): Filmgernes: Western, Stuttgart/Leipzig 2003
Manthey, Dirk (Hrsg.): Goldenes Kino (Cinema-Buch), Hamburg 1986
Müller, Jürgen: Filme der 60er, Köln 2004