El Dorado




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1967
Länge
 
126 min.
Farbe
 
color
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (1.85:1)
 Western


Regie   Howard Hawks
Drehbuch   Leigh Brackett
Literaturvorlage   Harry Brown
Kamera   Harold Rosson
Spezialeffekte   Paul K. Lerpae, David Koehler
Schnitt   John Woodcock
Musik   Nelson Riddle
Ton   John Carter, Charles Grenzbach
Bauten   Ray Moyer
Ausstattung   Hal Pereira, Carl Anderson
Kostüme   Edith Head
Maske   Wally Westmore (Make-up), Nellie Manley
    (Frisuren)
Produktion   Howard Hawks für Laurel Produktions
Verleih   Paramount


Kinostart
USA
  07.06.1967
D
  22.09.1967
       
TV-Premiere
D
  01.12.1974, ARD
       
DVD
USA
  21.03.2000 (Paramount)
D
  04.04.2002 (Paramount)
D
  01.10.2003 (Paramount, J. Wayne Memorial Box)


 
USA
 
6000000 $


John Wayne   (Cole Thornton)
Robert Mitchum   (J.P. Harrah)
James Caan   (Mississippi)
Charlene Holt   (Maudie)
Michele Carey   (Joey MacDonald)
Arthur Hunnicutt   (Bull Harris)
R.G. Armstrong   (Kevin MacDonald)
Edward Asner   (Bart Jason)
Paul Fix   (Doc Miller)
Christopher George   (Nelse McLeod)
Johnny Crawford   (Luke MacDonald)


Der Gunfighter Cole Thornton ist von dem Viehbaron Bart Jason engagiert worden, um die Siedler der Gegend einzuschüchtern. In El Dorado begegnet er seinem alten Freund J.P. Harrah, der jetzt Sheriff ist und Thornton aufklärt, daß Jason nicht der richtige Arbeitgeber für ihn ist. Besonders die Siedlerfamilie MacDonald hat unter Jason zu leiden. Die MacDonalds sind deshalb auch besonders mißtrauisch. Als Thornton zu Jason reitet, um ihm den Dienst aufzukündigen, trifft er auf den jungen Luke MacDonald, der schon als Wache gegen ihn aufgestellt ist. Thornton fühlt sich bedroht und schießt auf Luke; der schwerverwundete Junge erschießt sich, um seinen Schmerzen zu entgehen. Thornton versucht, den MacDonalds die Situation zu erklären. Als er wegreitet, schießt die Schwester des Toten, Joey, auf Thornton. In El Dorado wird er von Doc Miller behandelt, aber die Kugel bleibt stecken, und Thornton ist nicht mehr der alte. Er reitet weiter. Nach einiger Zeit begegnet er in einem Saloon nahe der mexikanischen Grenze einem jungen Mann, der sich im Umgang mit Messern und im Rezitieren von Gedichten auskennt: »And when his strength/Failed him in length/He met a pilgrim shadow/Shadow, said he/Where can it be/This Land of El Dorado?« Der junge Mann, genannt Mississippi, hat sich gerade mit einer Gruppe von Spielern angelegt. Sie gehören dem Revolvermann Dan McLeod und sind auf dem Weg nach El Dorado - die Stelle antreten, auf die Thornton verzichtet hat. Thornton und Mississippi gehen nach El Dorado; dort ist Sheriff Harrah, der sich infolge einer unglücklichen Liebesgeschichte dem Trunk ergeben hat, völlig kampfunfähig. Der talentierte Mississippi, der unterwegs mit einem ungewöhnlichen Schießeisen ungewöhnliche Schießkünste gelernt hat, bringt Harrah mit einer Mixtur von Senf und Pulver wieder auf die Beine. Eine erste Auseinandersetzung mit den Leuten von MacLeod führt dazu, daß die Banditen aus der Stadt geworfen werden. Sie kehren bald zurück. Harrah wird bei einem Schußwechsel verletzt. Thornton wird mehr denn je von seiner alten Verletzung geplagt. Aber mit ein paar Tricks schaffen sie es, die Oberhand zu behalten. Die beiden alten Helden gehen am Stock, aber El Dorado ist befriedet.

 


Eine Hollywood-Anekdote erzählt, daß Raoul Walsh, wenn er sich in einen neuen Film hineinarbeitete, schließlich zu sagen pflegte: »Christ, it's not bad - it reminds me of my last movie !« El Dorado erinnert natürlich an Howard Hawks last movie Rio Bravo, und Hawks hat selbst erzählt, wie der eine Film aus dem anderen entstanden ist: »Bei den Dreharbeiten zu Rio Bravo kamen wir an einen Punkt, wo wir die Wahl hatten, die Geschichte in die eine oder andere Richtung zu entwickeln. Wir entschieden uns für die eine Richtung, aber wir haben uns immer Notizen gemacht, weil wir uns sagten, diese Idee ist so gut, die können wir ein andermal gebrauchen. Als wir dann mit El Dorado anfingen, sagte ich zu dem Autor - es war derselbe, der auch Rio Bravo geschrieben hatte -: ›Also, pass auf, in Rio Bravo hatten wir einen Jungen, der sehr gut schießen konnte; daraus machen wir jetzt einen Jungen, der überhaupt nicht schießen kann.‹ Das ist doch schon etwas ganz anderes, nicht wahr. Dann sagte ich:›John Wayne war der Sheriff in Rio Bravo, also laß uns in El Dorado Bob Mitchum als Sheriff nehmen.‹«

Howard Hawks hält sich an die Grundmuster des Genres. Er hat keine Ambitionen, das Genre grundlegend zu verändern. Revolutionen sind seine Sache nicht. »Das hawkssche Abenteuer besteht darin, mit den Regeln zu spielen, sie zu unterlaufen oder zu übertreiben, sie zu vertauschen, die Vorzeichen zu verkehren. Hawks hat Männern Frauen- und Frauen Männerrollen gegeben, seine Komödien sind verkappte Mordgeschichten, seine Kriminalfilme verkappte Komödien. Strikt innerhalb der Konvention sind sie gegen die Konvention gerichtet. Dieser Mississippi ist eine Schlüsselfigur in Hawks' Film. Er verhöhnt die Regeln, denen der Westernheld gehorcht, teils indem er sie parodiert, teils indem er sich völlig außerstande zeigt, ihnen nachzukommen. Dessen ungeachtet hat sein Verhalten einen größeren Erfolg als das Treiben derer, die sich nach den Regeln richten. Alle Versuche Thorntons, aus Mississippi einen echten Westerner zu machen, schlagen fehl. Sie scheitern nicht an bösem Willen, sondern an Mississippis konstitutioneller Untauglichkeit. Mit seinen unkonventionellen Methoden ist Mississippi aber stets erfolgreicher als die anderen mit ihren konventionellen. « (Enno Patalas in: Bernd Kiefer/Norbert Grob/Marcus Stiglegger (Hrsg.), Filmgenres: Western).

Hawks braucht für seine Western auch nicht die Legitimation durch irgendeinen Anspruch historischer Authentizität. Howard Hawks: »Die Entstehung des'Chisholm Trail und die Erschließung des Missouri für den Pelzhandel sind wichtige Episoden aus der Geschichte der Vereinigten Staaten gewesen. Aber die Erzählung vom Kampf eines Sheriffs um Recht und Ordnung in einer Stadt gehören ebenfalls zu dieser Geschichte, selbst wenn sie nur einen ganz kleinen Teil davon darstellt. El Dorado basiert auf Fakten und Legenden, die nicht in den Schulbüchern stehen, die bei denen aber, die den Westen gut kennen, sehr berühmt sind.« (Cahiers du Cinéma)

»An Western, die vorgaben, endlich die ungeschminkte Wahrheit über den Westen, wie er wirklich war, zu sagen, hat es nicht gefehlt. Sie argumentieren an der Sache vorbei, weil natürlich die Wirklichkeit der Geschichte der Wirklichkeit des Mythos keinen Abbruch tut. El Dorado nimmt den Mythos beim Wort, beim Bild, beim Zeichen. Die Inflation der Geschichten zu Beginn des Films, die Geschwätzigkeit der Helden (immer kommentiert einer, was der andere tut), die Aushöhlung der vertrauten Gesten - das alles greift den Mythos von innen an. Die Requisiten des Western sind mehr als nur Requisiten: Fetische. Deshalb bedeutet die Pistole, die Mississippi verpaßt wird, dieses idiotensichere Monstrum mit einem Lauf wie ein Minenwerfer, das alles verhöhnt, womit ein Westerner seit Broncho Billy geschossen hat, eine wirksamere Kritik als die Konfrontation des Mythos mit den Tatsachen.« (Enno Patalas in: Bernd Kiefer/Norbert Grob/Marcus Stiglegger (Hrsg.), Filmgenres: Western).

»El Dorado beginnt wie eine Tragödie; dann jedoch, wenn sich die Geschichte auf die Beziehungen zwischen den beiden Männern konzentriert, wird es amüsant, wenn es um ihre Beziehungen geht. Zunächst erst einmal gehen die beiden mit demselben Mädchen. Darüber lacht schon das Publikum. Dann sagt das Mädchen, daß sie Wayne mit zu sich nimmt, und da sagt der andere Kerl: ›Ich habe zwar ein ziemlich hartes und unbequemes Bett, aber mit mir hast du keinen Ärger!‹ Ihre Beziehungen basieren auf gegenseitiger Ironie, sie nehmen sich gegenseitig nicht ernst. Diese Ironie wird dann immer stärker - bis zum Schluß alles nur noch komisch ist.Darüberhinaus stattet Hawks viele seiner Figuren häufig mit Besonderheiten, für den Westen Ungewöhnlichem oder auch Komischem aus. Ein junger Mann mit einem Namen, den fast nur er richtig aussprechen kann, mit einem lächerlich kleinem Hütchen auf dem Kopf - und das im Grenzgebiet zwischen Texas und Mexiko -, der hundertprozentig wirksame Rezepte zur Ausnüchterung kennt und pausenlos eine Ballade von Edgar Allen Poe rezitiert (die dem Film den Titel gab). Er kann ungewöhnlich viel - nur schießen kann er nicht. Oder Joey, die schießwütige Siedlerstochter, deren üppige Haarmähne einem Model der 60er Jahre entsprechen dürfte, für ein Western Girl aber total unpraktisch wäre. Oder ein Sheriff, der seinen Rausch in der eigenen Gefängniszelle ausschläft, der Angst hat und nicht einmal seine Waffe laden kann. Oder am Ende die beiden Haudegen, die zu Krüppeln geworden sind. All das ist genauso komisch wie die Beteiligung von Kirchturmglocken am entscheidenden Showdown von El Dorado. Fünf Western nur hat Howard Hawks gedreht. El Dorado widerspiegelt die Souveränität eines 70jährigen Regisseurs, eines Professionals, der mit Liebe und Ironie auf ein Genre blickt, das längst in seine Spätphase eingetreten war. Die kenntnisreiche Liebe zur vergangenen Welt des Western drückt sich bei Hawks auch durch Details aus: Das Bild unter den Vorspanndaten malte Olaf Wieghurst, einer der bekanntesten späten Western-Maler, dem Hawks in seinem Film auch die kleine, aber einprägsame Rolle eines alten Waffenschmieds - Larson, der Schwede - gab, bei dem John Wayne für seinen schießunkundigen Freund Mississippi die passende Waffe besorgt.« (Michael Hanisch in Lexikon des internationalen Films)

»Ursprünglich wollte Hawks freilich einen ganz anderen Film drehen, die Geschichte eines herzkranken Killers, der weiß, daß er jeden Augenblick sterben kann und deshalb überhaupt keine Angst vor dem Tod hat; er will einen ermordeten Freund rächen, verschuldet statt dessen den Tod von zwei anderen Freunden und stirbt an einem Herzanfall. ›Es ist eine Art griechischer Tragödie‹, sagte Hawks über diesen Stoff, den er dann aufgab, um eine Variation von Rio Bravo zu drehen, eben El Dorado, den er gelegentlich auch als griechische Tragödie bezeichnet hat. Die Tragik ihrer Helden ist vielleicht, daß sie zu klapprig geworden sind, als daß die Virilität liebender Frauen sie noch auf den rechten Weg weisen könnte - wie sich das in früheren Hawks-Filmen immer so schön abspielte. Thornton und Harrah sind nur mehr in der Lage, unter Aufwendung aller ihrer Lebenserfahrung und ein paar fauler Tricks ihr Pensum zu erfüllen, um dann im Bewußtsein ihrer Schwäche von der Bühne zu humpeln. Der Humor und die Brutalität von El Dorado sind von finsterer Entschlossenheit. Mit der ersten Begegnung von Thornton und Harrah wird schon der Grundton des Films angeschlagen, ›die Angst vor der nachlassenden Kraft und das Bestreben die Schwäche zu kompensieren‹ (Robin Wood, Howard Hawks). Harrah kommt mit angelegtem Gewehr in den Raum, in dem Thornton sich wäscht, und dieser bemerkt ihn erst, als Harrah ihn anspricht und sein Mißtrauen motiviert: ›Nur mal so - bis ich weiß, auf welcher Seite du stehst.‹ Thornton rächt sich wenig später, indem er plötzlich die Waffe auf Harrah richtet; Harrah reagiert schnell, und die beiden buchen das ganze als Scherz ab. Thornton: ›Ich wollte nur mal sehen, ob du langsamer geworden bist.‹ Harrah: ›So langsam noch nicht.‹ Untereinander wird man dann etwas rücksichtsvoller, aber im Verkehr mit Dritten gibt es keine Rücksichten. Thornton zwingt einen der Banditen mit Schüssen, durch eine Tür ins Freie zu gehen und damit genau in den Kugelhagel, der für hn selbst bestimmt war. Und am Schluß werden alle Ehrenregeln des Westens in den Straßenstaub von El Dorado gekehrt: Thornton erledigt unfein den Oberbanditen, der dem Gegner sterbend und fassungslos vorwirft, er habe ihm ja gar keine Chance gegeben. Darauf Thornton: ›Du bist zu gut, als daß man dir eine Chance geben könnte!‹ « (Joe Hembus, Western-Lexikon).



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Enno Patalas in: Filmkritik, 10/1967

Cinema Nr.112 (9/1987), Plakatkarte

Hembus, Joe+Benjamin: Western-Lexikon (2.Auflage), München 1995

Jeier, Thomas: Der Western-Film (Heyne Filmbibliothek), München 1987

Kiefer, Bernd/Grob, Norbert/Stiglegger, Marcus (Hrsg.): Filmgernes: Western, Stuttgart/Leipzig 2003

Müller, Jürgen: Filme der 60er, Köln 2004

Thissen, Rolf: Howard Hawks (Heyne Filmbibliothek), München 1987