Zwölf Uhr mittags




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1952
Länge
 
84 min.
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (1.37:1)
Western


Credits
Regie   Fred Zinnemann
Drehbuch   Carl Foreman
Literaturvorlage   John W. Cunningham
Kamera   Floyd Crosby
Schnitt   Elmo Williams, Harry Gerstad
Musik   Dimitri Tiomkin
Ton   Jean Speak
Prod.-Design   Rudolph Sternad
Bauten   Emmett Emerson, Murray Waite
Ausstattung   Ben Hayne
Maske   Gustaf Norin (Make-up),
    Louise Miehle (Frisuren)
Produktion   Stanley Kramer für United Artists
Verleih   Constantin


Erstaufführung
Kinostart
USA
  30.07.1952
D   09.01.1953
       
TV-Premiere
D
  23.03.1968, ZDF
       
DVD
USA
  23.06.1998 (Republic)
USA
  22.10.2002 (Artisan, 50th Anniversary Edition)
D
  01.10.1999 (Kinowelt)


Einspielergebnisse

?



Darsteller
Gary Cooper   (Will Kane)
Grace Kelly   (Amy Kane)
Lloyd Bridges   (Harvey Pell)
Katy Jurado   (Helen Ramirez)
Thomas Mitchell   (Jonas Henderson)
Henry Morgan   (William Fuller)
Otto Kruger   (Percy Nettrich)
Lon Chaney jr.   (Martin Howe)
Ian MacDonald   (Frank Miller)
Lee Van Cleef   (Jack Colby)
Bob Wilke   (James Pierce)


Inhalt

Die drei Banditen Ben Miller, Jack Colby und James Pierce kommen nach Hadleyville, reiten durch den Ort und begeben sich zur Bahnstation, wo sie den Bahnbeamten nach dem Zug fragen. Der Beamte hat gerade ein Telegramm bekommen und läuft damit in den Ort. Im Büro des Friedensrichters heiratet Sheriff Will Kane die Quäkerin Amy. Er legt sein Amt nieder, obwohl ihm nicht ganz wohl dabei ist, weil der neue Sheriff erst am nächsten Tag eintreffen wird. Der Beamte erscheint und bringt das Telegramm: der Bandit Frank Miller, vor 5 Jahren von Kane verhaftet und vom Gericht zu lebenslänglicher Haft verurteilt, ist begnadigt worden. Kane, der die Stadt ohnehin verlassen wollte, wird bedrängt, sofort aufzubrechen. Kane fährt mit seiner Frau fort, überlegt es sich aber anders und kehrt um, obwohl ihn Amy bittet, weiterzufahren. In Hadleyville erklärt Amy ihrem Mann, sie werde allein abreisen. Sie kauft am Bahnhof eine Karte. Da der Anblick der Banditen sie erschreckt, wartet sie in der Hotelhalle im Ort. Kane kommt zum Friedensrichter und ist bestürzt als er sieht, wie dieser verschwindet, weil er bei der Verurteilung Millers mitgewirkt hat. Hilfssheriff Harvey ist wütend, daß Kane zurückgekommen ist; er kann seinen ehemaligen Chef ohnehin nicht ausstehen, weil dieser ihn nicht zu seinem Nachfolger gemacht hat - jetzt nimmt er ihm auch noch die Chance, sich als Sheriff zu qualifizieren. Harvey ist bei seiner Freundin Helen Ramirez, die früher Kanes Geliebte war, noch früher Millers Geliebte. Harvey geht zu Kane und bietet ihm seinen Beistand an, unter der Bedingung, daß er, Harvey, dann Sheriff wird. Kane lehnt ab. Harvey legt seinen Posten als Hilfssheriff nieder. Kane geht in den Saloon, um Hilfskräfte zu werben. Die Männer im Saloon verhöhnen ihn nur. Kane geht in die Kirche, wo gerade ein Gottesdienst stattfindet. Er bittet die Gemeindemitglieder um Hilfe. Sein Ersuchen wird diskutiert; die Bürger meinen in der Überzahl, es sei nicht ihre Sache, sich mit Verbrechern herumzuschlagen. Pastor Henderson würdigt die Verdienste Kanes, meint aber, da zwischen Kane und Miller eine persönliche Feindschaft bestehe, sei es besser, auf das Eintreffen des neuen Sheriffs zu warten: »Es ist besser für dich und besser für uns, wenn du gehst.« Tief enttäuscht verläßt Kane die Kirche. Er besucht einen alten Ex-Sheriff, der immer sein Vorbild war. Der alte Mann sagt: »Der Sheriff zerschlägt sich die Knochen, und die Regierung läßt die Gauner wieder frei. Es ist alles umsonst, alles umsonst.« Im Hotel beschließt Amy, mit Helen Ramirez zu reden. Helen macht Amy Vorwürfe, weil sie ihren Mann im Stich läßt. Amy rechtfertigt sich: sie ist Quäkerin geworden, nachdem sie mit ansehen mußte, wie ihr Vater und Bruder bei einer Schießerei, bei der sie im Recht waren, erschossen wurden. Seither lehnt sie jede Gewalt ab, »und ich frage nicht, wer im Recht und wer im Unrecht ist.« Harvey versucht, Kane zum Wegreiten zu zwingen. Es kommt zu einer Schlägerei zwischen den beiden Männern. Kane zeigt sich dem um vieles jüngeren Mann überlegen. Es ist 12 Uhr mittags, und der Zug fährt im Bahnhof ein. Miller steigt aus und wird von seinen Freunden begrüßt. Sie gehen zusammen in den Ort. Als Amy den ersten Schuß hört, steigt sie wieder aus dem Zug und eilt in den Ort. Zweiter Schußwechsel: ein Bandit fällt. Dritter Schußwechsel: Amy erschießt von hinten einen der Banditen, der gerade auf Kane zielt. Frank Miller nimmt sich Amy als Schild und Geisel. Kane überlistet Miller und erschießt ihn. Die Einwohner strömen herbei. Kane wirft den Leuten seinen Sheriffstern vor die Füße und fährt mit Amy davon..

 


Kritik

»Eines jener seltenen, einsamen Meisterwerke, denen sogar das anerkannt größte Kunststück innerhalb der Branche gelingt: Filmindustrie und Filmkunst jubeln gleichermaßen und beide mit voller Berechtigung. Was diesem Fred Zinnemann zu gestalten gelang - und das im Rahmen eines konsequenten Wildwestfilms - war eine Ballade vom Mannesmut. Sozusagen ein Hohelied auf Einsamkeit und Treue; Treue sich selbst, seiner Überzeugung, seiner Aufgabe gegenüber. Wenn jemals in unserer Zeit letztes und wahres Heldentum sichtbar wurde - ohne Kanonendonner, Patriotismus und Weltanschauung -, dann hier. Die großartigste, unvergeßlichste Szene darin: Der Mann der Gerechtigkeit, der Sheriff, steht klein, verlassen, einsam mitten auf der Straße, während die Ungerechten, zum Mord entschlossen, gegen ihn arbeiten. Dieser Film ist nicht exakt zu bestimmen - denn er ist weder eine Reaktion auf eine Krise noch ein gar von der Industrie bewußt geplantes Meisterwerk. Er ist weder ein bezeichnender Höhepunkt einer Epoche noch irgend ein willkürliches Zufallsprodukt. Er ist vielmehr das Ergebnis einer einmaligen Konstellation: ein genialer Regisseur, ein vortreffliches Buch, ein idealer Hauptdarsteller - alles stimmte in beglückender Weise miteinander überein. In solchen seltenen Stunden kann Filmkunst entstehen.« (H.H.Kirst, Bilanz der Traumfabrik, 1963). »Für das Publikum waren es vor allem die Schauspieler, die den Film attraktiv machten: der gerade 50 Jahre alt gewordene Gary Cooper als vereinsamter Will Kane, ein eigentlich müde gewordener Held, der noch einmal über sich hinauswachsen muß, die gerade 21-jährige Grace Kelly als Amy Kane, noch etwas gehemmt und ungelenk, aber am Anfang einer kurzen, steilen Karriere, Thomas Mitchell als Bürgermeister, Lloyd Bridges als Hilfssheriff, Katy Jurado als Kanes frühere Geliebte. Diese Schauspieler stehen ganz im Dienst der Geschichte, sie haben kein Eigenleben, es gibt für sie auch keinen Ausweg in eine komische Situation. Der Film ist ernst bis ins Mark.« (Hans Helmut Prinzler in: Bernd Kiefer/Norbert Grob/Marcus Stiglegger (Hrsg.), Filmgenres: Western).

High Noon wurde bereits zu seiner Entstehungszeit mit Begeisterung aufgenommen. Erst in den 60er und 70er Jahren wurde er zunehmend kritischer gesehen: »Ich neige zu der Annahme, daß die tiefen Einsichten nichts anderes sind als dramatisierte Grundschulsoziologie und daß die Form des Western für eine Unterrichtsstunde in Sachen Staatsbürgerkunde herhalten muß. Zieht man den Hokuspokus ab, bleibt ein guter Film, und Fred Zinnemanns Regie ist ausgezeichnet.« (Pauline Kael, Kiss Kiss Bang Bang).

»High Noon ist ein guter, durchaus typischer, genrekonformer Western, auch in seiner Ideologie, die den Sieg des irrationalen ›a man's got to do what a man's got to do‹ über die Rationalität der Predigt von Pastor Henderson feiert. Die oft zitierten formalen Besonderheiten des Films (wiederkehrende Schnitte auf die Schienenstränge und die Uhr) erweisen sich beim näheren Hinsehen als aufdringliche Banalitäten, die die sonst üblichen schlüssigen Einfachheiten ablösen.« (Joe Hembus, Western-Lexikon). Auch ist High Noon in erheblich höherem Maße ein Zufallsprodukt, als viele Kritiker wahrhaben wollen. Im Gegensatz zur heutigen Fassung nämlich, die von 10.30 Uhr bis ca. 12.10 Uhr spielt, aber nur 85 Minuten dauert, waren in der ursprünglichen Fassung des Films erzählte Zeit und Erzählzeit tatsächlich identisch. Bei Testvorführungen reagierte das Publikum jedoch so negativ, daß Zinnemann mit dem zu langen Film noch einmal in den Schneideraum geschickt wurde. Man schnitt dann etliche Szenen zwischen Gary Cooper und Grace Kelly weg, verfeinerte die Montage, und ließ Dimitri Tiomkin als dramaturgischen Kitt schließlich jene Ballade komponieren die mehr als alles andere dann zum Markenzeichen des Films wurde »Do Not Forsake Me Oh My Darling«, gesungen von Tex Ritter. »Wichtigere Funktion als dem Wort kam der Musik zu: ein der Story kongeniales, balladeskes Lied nahm als Ouvertüre das Geschehen vorweg, wurde im folgenden kaum merklich, aber stets anwesend, leitmotivisch verarbeitet und brach, elegisch die Fatalität der Ereignisse kommentierend. an den psychischen Etappen des Helden als dessen innere Stimme auf. Ebenso die Konstruktion der Fabel: In ihr verband sich Einheit der erzählten und der objektiven Zeit mit dem schon in den frühesten amerikanischen Spielfilmen auftretenden und dann von Griffith zur Perfektion entwickelten Filmabschluß zweier gleichzeitiger Handlungsstränge, die. erzählerisch hart ineinandermontiert, örtlich wie zeitlich aufeinander zulaufen und zur Katastrophe aufeinanderprallen.« (Theodor Kotulla, Filmkritik)

High Noon wurde seither mannigfaltig interpretiert. Manche sahen in Zinnemanns Film eine reaktionäre Parabel auf den Korea-Krieg, andere wiederum »eine Lektion in Fragen Demokratie: die Ahnungslosigkeit der aller Wirklichkeit fernen Gerichte, die fehlende Bereitschaft, Freiheit und Sicherheit notfalls mit dem Leben zu verteidigen, die Notwendigkeit, jede Entscheidung erst zu diskutieren - kurz die Funktionsmängel einer Demokratie im Moment totaler Bedrohung« (Der Western). Dennoch ist High Noon wohl hauptsächlich als Abrechnung mit dem McCarthyismus zu verstehen: Kaum hatte Carl Foreman das Drehbuch fertig geschrieben, als er von dem berüchtigten House of Un-American Activities Committee vorgeladen wurde. Wie viele andere vor ihm berief er sich dort auf den fünften Zusatzartikel, was faktisch bedeutete, daß er auf der schwarzen Liste landete. Wieder auf dem Set von High Noon, schrieb er das Drehbuch weitgehend um: »Ein sehr großer Teil des Skripts zeigte nun die Wirklichkeit, viele Szenen waren aus dem Leben gegriffen. Eine davon ist ein Destillat aus den Sitzungen mit meinen Partnern, Geschäftsfreunden und Rechtsanwälten.«

Der Film bekam 1952 Oscars für den besten Hauptdarsteller, die beste Musik, den besten Filmsong und den besten Schnitt. Der bescheidene Fred Zinnemann weist darauf hin, daß das Werk eine Gemeinschaftsleistung ist: »High Noon ist ein gutes Beispiel für Teamarbeit. Carl Foreman hat das Drehbuch aus einer Kurzgeschichte entwickelt und ein ausgezeichnetes, sehr detailliertes Skript geliefert. Der Produzent Stanley Kramer hat in diesem Stadium viel zur Entwicklung des Stoffes beigetragen und eng mit Foreman zusammengearbeitet. Elmo Williams, der Cutter, hat dem Film die letzte Form gegeben, und natürlich hat Dimitri Tiomkin dem Film die aufregende Partitur geschrieben. Floyd Crosby hat den Film fotografiert und hatte dabei den Mut, ihm den Stil zu geben, auf den wir uns geeinigt hatten. Floyd und ich gingen davon aus, daß High Noon wie eine Wochenschau aus dieser Zeit aussehen sollte, wenn es damals schon eine Wochenschau gegeben hätte. Als Anregung haben wir Matthew Bradleys Fotos vom Bürgerkrieg studiert. Es hat früher fast religiöse Vorstellungen davon gegeben, wie Western auszusehen hätten. Es mußte immer ein schöner blauer Himmel mit lieblichen Wolken im Hintergrund sein. Crosby nahm dagegen keine Filter und gab dem Himmel ein weißes, wolkenloses, ausgebranntes Flair. Seine flache Beleuchtung gab dem Film die körnige optische Qualität. Vom ersten Drehtag weg hat die Produktion dauernd die armselige Photographie bemängelt. Die meisten Kameraleute hätten in diesem Stadium ihre Flagge eingezogen, aber Floyd machte sich nichts aus diesen Reklamationen und blieb einfach bei seinem Konzept. Die Photographie vermittelte dann tatsächlich den Effekt, auf den wir aus waren: sie ließ den Film real erscheinen. Ich habe gehört, Howard Hawks habe Rio Bravo als eine Art Antwort auf High Noon gedreht, weil er nicht glaubte, daß ein guter Sheriff im Ort herumrennen würde, um andere Leute zu bitten, ihm bei seinem Job zu helfen. Diese Denkungsart überrascht mich etwas. Sheriffs sind auch nur Menschen und jeder Mensch verhält sich anders. Die Story von High Noon spielt im alten Westen, aber in Wirklichkeit ist es eine Story über den Gewissenskonflikt eines Mannes.« (Focus On Film).



Auszeichnungen
Academy Awards, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1953
Oscar
Bester Hauptdarsteller - Gary Cooper
Bester Schnitt - Harry W. Gerstad, Elmo Williams
Beste Musik - Dimitri Tiomkin
Bester Filmsong - Dimitri Tiomkin (Musik), Ned Washington (Text)
Beste Regie - Fred Zinnemann (Nominierung)
Bestes adaptiertes Drehbuch - Carl Foreman (Nominierung)
Bester Film - Stanley Kramer (Nominierung)
 
Golden Globes, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1953
Golden Globe
Beste Schwarzweißkamera - Floyd Crosby
Bester Hauptdarsteller (Drama) - Gary Cooper
Beste Musik - Dimitri Tiomkin
Beste Nebendarstellerin - Katy Jurado
 


Bewertung


Literatur

Wilfried Berghahn in: Film 56, 1/1956; Howard A. Burton in: Quarterly of Film, Radio and Television. 3/1953; Richard Combs in: Monthly Film Bulletin, 629/1986; Louis Giannetti in: Film Criticism, 3/1976-77; Werner Kließ in: Film, 12/1965; Theodor Kotulla in: Filmkritik, 5/1959

Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die großen Filme, Augsburg 1994

Faulstich, Werner/Korte, Helmut (Hrsg.): Fischer Filmgeschichte Bd.3 1945-1960, Frankfurt a.M. 1990

Goldau, Antje/Grob, Norbert: Zinnemann (Edition Filme), München 1986

Graham, Don/ Pilkington, William T.: Western Movies, Abuquerque 1979

Hahn, Ronald/Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998

Heinzlmeier, Adolf: Kinoklassiker, Hamburg/Zürich 1986

Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989

Hembus, Joe+Benjamin: Western-Lexikon (2.Auflage), München 1995

Jeier, Thomas: Der Western-Film (Heyne Filmbibliothek), München 1987

Karasek, Hellmuth: Mein Kino - Die 100 schönsten Filme, Hamburg 1994

Kiefer, Bernd/Grob, Norbert/Stiglegger, Marcus (Hrsg.): Filmgernes: Western, Stuttgart/Leipzig 2003

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995

Manthey, Dirk (Hrsg.): Goldenes Kino (Cinema-Buch), Hamburg 1986

Müller, Jürgen: Filme der 50er, Köln 2005



Weblinks

IMDB