Die Dämonischen




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1956
Länge
 
80 min.
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm
   
(2.00:1,SuperScope)
Science Fiction
Horror


Credits
Regie   Don Siegel
Drehbuch   Daniel Mainwaring, Sam Pekinpah
Literaturvorlage   Jack Finney
Kamera   Ellsworth Fredericks
Spezialeffekte   Milt Rice
Schnitt   Robert S. Eisen
Musik   Carmen Dragon
Ton   Ralph Butler, Del Harris (Schnitt)
Prod.-Design   Edward Haworth
Bauten   Joseph Kish
Maske   Emile LaVigne (Make-up),
    Mary Westmoreland (Frisuren)
Produktion   Walter Wanger für Allied Artists
Verleih   RKO, Kinowelt


Erstaufführung
Kinostart
USA
  05.02.1956
D   24.05.1957
       
Videostart
D
  07.10.1999
       
DVD
USA
  26.06.1998 (Republic)


Einspielergebnisse

?



Darsteller
Kevin McCarthy   (Dr. Miles Bennell)
Dana Wynter   (Becky Driscoll)
Larry Gates   (Dr. Daniel Kaufman)
King Donnovan   (Jack Velicec)
Carolyn Jones   (Theodora Velicec)
Ralph Dumke   (Nick Grivett)
Jean Willes   (Sally)
Virginia Christine   (Wilma Lentz)
Tom Fadden   (Ira Lentz)
Beatrice Maude   (Oma Grimaldi)
Bobby Clark   (Jimmy Grimaldi)
Sam Pekinpah   (Charlie Buchholtz)
Richard Deacon   (Dr. Bassett)
Whit Bissell   (Dr. Hill)


Inhalt

Als Dr. Bennell von einer Ärztetagung in sein Heimatstädtchen Santa Mira zurückkehrt, wimmelt es in seinem Sprechzimmer von Menschen, die hysterische Symptome aufweisen: Sie behaupten, ihre nächsten Verwandten hätten sich plötzlich zu seelenlosen und abweisenden Charakteren entwickelt. Nachdenklich wird Bennell, als die gleichen Leute tags darauf behaupten, mit ihrer Familie sei alles in Ordnung. Jack und Theodora Velicec entdecken plötzlich in ihrem Keller eine leblose Gestalt, und als der Arzt sie untersucht, nimmt sie Jacks Gesichtszüge an. Am gleichen Abend findet Bennell im Keller seiner Freundin Becky ein ähnliches Wesen. Im Garten Jacks stößt er auf riesige Samenkapseln, die offenbar aus dem Weltraum stammen: Nach einer gewissen Reifezeit nehmen sie menschliche Gestalt an und schaffen die Personen, die sie imitieren, irgendwie beiseite. Im Morgengrauen haben die Körperfresser offenbar ganz Santa Mira übernommen. Da die Stadt von der Außenwelt abgekapselt ist, versucht Bennell mit Becky zu fliehen. Von seelenlosen Invasoren in Menschengestalt verfolgt, schlagen sie sich in die Berge durch, aber als Bennell Becky küßt, geht mit ihr eine schreckliche Verwandlung vor. Sie ist bereits von den Außerirdischen übernommen worden. In wilder Flucht rennt der Arzt auf eine Autobahn zu. Lastwagen voller Samenkapseln sind unterwegs und bringen die tödliche Saat in die Nachbarstädte. Als Bennell die sieht, bekommt er einen hysterischen Anfall und wird von einem Polizisten, der ihn für einen betrunkenen hält, festgenommen. Es gibt keine Rettung mehr. Die Invasoren übernehmen die Erde.

Der Film hat (leider) noch eine Rahmenhandlung, die nachträglich und gegen den Willen des Regisseurs und des Drehbuchautors hinzugefügt wurde, weil das Studio einen positiven Schluß verlangte: Dr. Hill vom State Mental Hospital Board wird nachts von der Polizei zu einem Patienten gebracht, der einen schweren Schock erlitten hat. Dieser Patient, Dr. Miles Bennell, berichtet ihm von seinen Erlebnissen in der letzten Woche. Der ziemlich wirren Erzählung Bennells will Dr. Hill zunächst keinen Glauben schenken. Als aber ein Unfallopfer eingeliefert wird, das unter einem Stapel riesiger Samenkapseln gefunden wurde, ist er überzeugt und schlägt Alarm.

Das ursprüngliche Ende hätte die Wirkung des Films noch erheblich gesteigert: Dr. Bennell irrt auf der Landstraße umher und versucht verzweifelt, einen Menschen zu finden, der noch nicht besessen ist. Dann wendet er sich in die Kamera und ruft dem Publikum zu: ›Ihr seid die nächsten!«

 


Kritik
»Die Science Fiction-Filme der fünfziger Jahre waren faszinierende psychoanalytische Dokumente: paranoide Phantasien von sich ausdehnenden Nicht-Wesen, unterwandernden Schoten, materialisiertem Unterbewußten und Mutationen. Invasion Of The Body Snatchers ist vielleicht die beste Metapher für die politische Paranoia jener Jahre.« (James Monaco, Film verstehen).

»Zumindest ist die düstere Fiktion Siegels das psychologisch Beklemmendste, was das SF-Kino des kalten Krieges hervorgebracht hat. Wie Das Ding aus einer anderen Welt entwirft auch dieser Film eine außerirdische Bedrohung pflanzlichen Ursprungs, aber er projiziert sie nicht in ein häßliches Monstrum, das per fliegender Untertasse auf der Erde landet; vielmehr ist es ein gestaltloser Aggressor, eine gesichtslose Macht, die vom Menschen Besitz ergreift, ihn umformt, ihn verändert, ihn seiner Individualität beraubt: Zum Befehlsempfänger dieser unbekannten Intelligenz degradiert, wird der Mensch zur Triebkraft seines eigenen Untergangs.« (Rolf Giesen, Science Fiction Times).

»Was den Film aber eigentlich berühmt gemacht hat, sind seine unzähligen Interpretationen. Viele Kritiker sahen in ihm - und das zu Recht - eine deutliche Kampfansage an die Ära des Kommunistenhassers und Hexenjägers McCarthy. Andere deuteten ihn als Warnung vor aufkeimenden faschistischen Tendenzen in den USA, wieder andere als Parabel von Auswüchsen des Totalitarismus, verbunden mit absolutem Verlust jeglicher Identität.« (Joachim Ody, SF-Baustelle). Regisseur Don Siegel wollte einen für seine Begriffe unpolitischen Film drehen: »Die Menschen sind Pods (= Hülsen). Viele meiner Freunde und Mitmenschen sind Pods. Sie haben keine Gefühle. Sie existieren, atmen, schlafen. Ein Pod zu sein bedeutet, ohne Leidenschaft, ohne Zorn, ohne Lebensfunke sein Dasein fristen... Das ist die Welt, in der die meisten von uns leben... Das Bewußtsein dafür zu wecken, macht den Film wichtig... Für seinen politischen Hintergrund habe ich mich nicht interessiert. Ich wollte nicht zeigen, daß wir von einer geheimen Macht bedroht sind, egal ob kommunistischer oder faschistischer Prägung... In Wirklichkeit hat der Film mehr mit den Erfahrungen von Leuten zu tun, mit denen ich ständig Kontakt hatte. Daran hat sich auch nichts geändert. Die Pods sind immer noch da und werden bleiben. Stück für Stück erobern sie die Welt.« (Cinefantastique).

Wenn das Phantastische nur wirksam sei als Kraft, die in das normale Leben hereinbreche, schreibt Georg Seeßlen, und ein guter phantastischer Film deshalb davon lebe, daß er zunächst einmal ein sehr präzises Bild der normalen Wirklichkeit gebe, dann entstamme die spezifische Paranoia in Siegels Film dem Umstand, daß das Phantastische nichts weiter sei als die potenzierte Normalität. »Der konsequente Einsatz von Weitwinkelaufnahmen aus niedriger Perspektive öffnet das Bild mit Wolkenformationen, Landschaften, Gebäuden, die weite dunkle Straßen rahmen. Die Sequenzen in der Stadt, on location gefilmt, sind fast alarmierend real. Siegel schickt seine Protagonisten kontinuierlich aus ruhigen, melancholischen two-shots in helles Areal; die Liebenden, die eine Treppe hinuntergehen und sich in gleißendem Sonnenlicht an der Tür trennen; McCarthy, der Wynter aus einem dunklen Haus zu seinem Wagen bringt, der unter der Straßenlaterne parkt. Wie in den Filmen von Jack Arnold entsteht der Eindruck von Menschen, die sich durch eine irgendwie bedrohliche Landschaft bewegen und deren Leben und Beziehungen nur sicher sind, solange sie das Licht suchen.« (John Baxter, Science Fiction In The Cinema).

»Trotz der wahrhaft unheimlichen und finsteren Atmosphäre, die dieser Film ausstrahlt, und trotz der 80 spannenden Minuten, die er Generationen von Kinogängern und Fernsehzuschauern beschert hat, haben wir es hier leider, leider und nochmals leider mit einem Streifen zu tun, den man wohl am besten als ›interesting failure‹ bezeichnet. Die Dämonischen ist nämlich einer jener zahlreichen Fälle von science-fiction-mäßiger Inkompetenz, denen Genre nicht nur seinen schlechten Ruf verdankt, sondern auch ganze Cineastenscharen früherer Jahrzehnte davon abgehalten hat, ›diesem Krakenquatsch‹ auch nur eine aufmerksame Minute zu schenken. Die Logik dieser Geschichte hat Löcher von Bombentrichtergröße, und so nimmt es natürlich nicht Wunder, daß sich der, der bei diesem Film auch mitdenkt, nur noch gramgebeugten Hauptes abwenden kann.« (Hahn/Jansen, Kultfilme).

Die Dämonischen war ursprünglich ein typisches B-Produkt mit niedrigem Budget und kurzer Drehzeit (14 Tage). Er fiel anfangs in der Flut der SF-Produktionen der 50er Jahre nicht sonderlich auf oder wurde abwertend beurteilt: »Der Streifen ist nicht nur absurd wie ein schlechter Traum, sondern auch noch so konfus gemacht, daß selbst die Gruselwirkung ausbleibt.« (Filmdienst). Erst später wurde Die Dämonischen von der europäischen Filmpublizistik entdeckt, als Klassiker gefeiert und gilt heute (auch in USA) als einer der wenigen Kultfilme des Genres. Zwei Remakes, die den Plot mit Horrorelementen anreichern, besitzen - trotz eigener Stärken - nicht die Qualität des Originals. Philip Kaufmans Die Körperfresser kommen (1977), der in San Francisco spielt und ein konsequent pessimistisches Ende hat, warnte vor urbaner Entfremdung und Umweltzerstörung. Nette Hommage an das Original: Siegel spielt hier einen Taxifahrer und sein Hauptdarsteller Kevin McCarthy hat ebenfalls eine kleine Rolle. Abel Ferrara inszenierte 1992 Body Snatchers, den er auf einem Militärgelände ansiedelt, um die Bedrohung des Menschen durch sich verselbständigende Institutionen darzustellen.



Auszeichnungen

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Bewertung
 
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Literatur

Charles Freund in. Film Comment, 1/1979; Charles T. Gregory in. Journal of Popular Film and Television, 4/1972; S. Higashi in: Jump Cut, 24-25/1981; G.M. Johnson in: Journal of Popular Film and Television, 1/1979; Arthur LeGacy in: Literature/Film Quarterly, 3/1978; Margaret Tarratt in: Films and Filming, 37/1970-71; Gary K. Wolfe in: Journal of Popular Film and Television, 1/1976

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Lexikon des Science-Fiction-Films, München 1997

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998

Heinzlmeier, Adolf/Menningen, Jürgen/Schulz, Berndt: Kultfilme, Hamburg 1983

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmgenres - Science Fiction, Stuttgart 2003

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995

Müller, Jürgen: Filme der 50er, Köln 2005

Peary, Danny: Cult Movies, New York 1981

Stresau, Norbert/Wimmer, Heinrich(Hrsg.): Enzyklopädie des phantastischen Films, Meitingen 1986ff

Warren, Bill. Keep Watching the Skies! Bd.1, London 1982



Weblinks

IMDB