Jules und Jim




Technisches
Land
 
F
Jahr
 
1961
Länge
 
107 min. (2927 m)
   
Originalfassung:
   
100 min. (2739 m)
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm
   
(2.35:1, Franscope)
Drama
Liebesfilm


Credits
Regie   François Truffaut
Drehbuch   François Truffaut, Jean Gruault
Literaturvorlage   Henri-Pierre Roché
Kamera   Raoul Coutard
Schnitt   Claudine Bouché
Musik   Georges Delerue, Serge Rezvani
Ton   Temoin
Ausstattung   Fred Capel
Kostüme   Fred Capel
Produktion   Marcel Berbert für Les Films du Carrosse/
    SEDIF
Verleih   Constantin


Erstaufführung
Kinostart
F
  23.01.1962
D
23.02.1962
       
TV-Premiere
D
  29.04.1967, WDR3
       
DVD
USA
  16.01.1999 (Fox Lorber)
USA
  31.05.2005 (Criterion/Voyager, Special Edition)
USA
  07.11.2000 (MK2 Editions)
D
  20.10.2004 (Concorde, F. Truffaut Collection)


Einspielergebnisse

?



Darsteller
Jeanne Moreau   (Cathérine)
Oskar Werner   (Jules)
Henri Serre   (Jim)
Marie Dubois   (Thérèse)
Boris Bassiak   (Albert)
Vanna Urbino   (Gilberte)
Sabine Haudepin   (Sabine)
Kathe Noelle   (Birgitta)


Inhalt
Paris zu Beginn des Jahrhunderts. Der Deutsche Jules freundet sich mit dem Franzosen Jim an. Ihr gemeinsames Interesse gehört den Büchern und den Frauen. Sie verstehen sich so gut, daß sie sich wie Zwillinge kleiden. Kein Wunder, daß ihnen plötzlich dieselbe Frau gefällt: die charmante, aber unberechenbare Cathérine. Weil Jim bei einem Rendezvous nicht eine Stunde auf sie wartet, heiratet sie am nächsten Tag kurzerhand Jules und zieht mit ihm nach Deutschland. Der Erste Weltkrieg trennt die Freunde für Jahre. Als der Frieden wieder Besuche erlaubt, treffen die drei erneut zusammen. Jules und Cathérine haben inzwischen eine Tochter. Bei ihrem Wiedersehen wird Jim der Geliebte von Cathérine; unter dem eigenen Dach schaut Jules gelassen zu. Cathérine kehrt kurz zu ihm zurück, geht dann aber wieder zu Jim. Schließlich leben die drei Freunde eine reine Liebe zu dritt. Als Jim sich endgültig von ihr lossagt, tötet Cathérine sich und Jim, indem sie ihr Auto in einen Fluß lenkt..

 


Kritik
»Am Anfang ist die Leinwand rabenschwarz. Aus dem Off klingt die sanfte Stimme einer Frau: ›Du hast mir gesagt: Ich liebe dich. Ich habe dir gesagt: Warte! Fast hätte ich gesagt: Nimm mich! Du hast mir gesagt: Geh!‹ Ohne auch nur etwas zu zeigen, hatte François Truffaut damit 1962 bereits in der ersten Minute von Jules und Jim die Zuschauer auf seiner Seite. Bei der Premiere in Paris applaudierte das Publikum zum Schluß eine Viertelstunde. Der Regisseur Jean Renoir bekundete begeistert, es gebe Einstellungen in dem Film, bei denen er vor Neid sterben könnte, weil er sie nicht selbst gemacht habe. Truffaut war noch keine 30 Jahre alt, als er diesen Film über die Liebe drehte. Mit dem Tempo einer Achterbahnfahrt inszenierte er alle Höhen und Tiefen der Leidenschaft, vereinigte er in dem Film - der noch heute so lebendig wie ein ausgelassener Ferientag wirkt - alle handwerklichen Tricks der Nouvelle Vague: nervöse Handkamera, Zoom, Reißschwenks, Flugaufnahmen und Überblendungen. Wenn Cathérine ihr unwiderstehliches Lachen lacht, friert Truffaut einfach das Bild ein. Wenn sie in die Seine springt, filmt er das aus verschiedenen Blickwinkeln.« (Stern).

»Mit großer Sensibilität formuliert Truffaut die zentrale Frage seines Films: Wie kann eine Frau mit ihren erotischen Bedürfnissen und Sehnsüchten sich in einer Welt behaupten, deren Regeln von Männern gemacht werden? Cathérines Verwandlung in den Jungen Thomas zu Anfang des Films zeigt sehr deutlich ihren Anspruch auf Teilhabe an der Männerwelt. Der Regisseur stimmt indes keinen Lobgesang auf die freie Liebe an. Er beschreibt vielmehr die Dialektik der Herzen, die sich jeder Moral entzieht, wobei er zugleich die Schwierigkeiten aufzeigt, ohne Regeln zu leben und zu lieben.« (Achim Haag in: Metzlers Filmlexikon).

Truffauts Liebesfilm ist eine Suche nach dem Glück und auch ein literarischer Film, der nichts von der Schwere eines Zeitdokuments besitzt. Vor allem aber lebt er ganz aus seinen Figuren und ihrem Verhalten. Ihnen, die im Mittelpunkt stehen, opfert der Film jede andere Spannung. Jules und Jim ist eines der seltenen gelungenen Werke der Filmgeschichte, das in der Charakterzeichnung seiner Figuren aufgeht. In diesen Figuren wird dann auch die Epoche deutlich. Kleider, Gesten, Verhaltensweisen, Gespräche, Liebeskonventionen, Wohnungen, das private Gebaren der Gesellschaftsschichten. Der Film hat den Zauber einer archäologischen Entdeckung, er erweckt das Zeitalter des ersten Drittels unseres Jahrhunderts zum Leben. Diese Epoche ging 1933 zu Ende. Truffaut läßt Cathérine und Jim in diesem Jahr sterben. Mit ihnen stirbt auch eine Zeit politischer Demokratie und künstlerischer Blüte. Das Ende nahm auch die Bücherverbrennung der Nazis vorweg, die sich im Film Jim in einer Pathe-Wochenschau im Kino ansieht. »Obwohl Truffaut das Leben seiner Figuren über 25 Jahre lang nachzeichnet, altern seine Personen nicht. Da ihn in erster Linie die innere Realität seiner Figuren interessiert, bedient er sich eines subtilen filmischen Kunstgriffs, um das Vergehen der Zeit anzudeuten: Im Dekor tauchen stets Bilder auf, die den verschiedenen Schaffensperioden Picassos zuzuordnen sind. Aber auch über die Montage gelingt es Truffaut, die Veränderungen des Lebensgefühls zu vermitteln: Während die Montage im ersten Teil schnell und lebhaft-frisch wirkt, verlangsamt sie im zweiten Teil (nach dem Ersten Weltkrieg) ihren Rhythmus, wodurch den einzelnen Szenen und Sequenzen mehr Schwere und Bedeutung zukommt. Die Kamera von Raoul Coutard fängt in Plansequenzen die verschiedenen Landschaften ein und unterstreicht so den lyrisch-poetischen Stil des Films.« (Achim Haag in: Metzlers Filmlexikon).



Auszeichnungen
British Academy Awards, UK
Jahr   Kategorie/Preisträger
1963
British Academy Award
Bester Film (Nominierung)
Beste ausländische Darstellerin - Jeanne Moreau (Nominierung)
 


Bewertung
 
*
*
*
 


Literatur

Belach, Helga/Jacobsen, Wolfgang (Hrsg.): Cinemascope, Berlin 1993

Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die großen Filme, Augsburg 1994

Fischer, Robert (Hrsg.): Monsieur Truffaut, wie haben sie das gemacht, München 1993

Heinzlmeier, Adolf: Kinoklassiker, Hamburg/Zürich 1986

Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989

Jansen, Peter W./Schütte, Wolfram (Hrsg.): Truffaut (Hanser Reihe Film Bd.1), München/Wien 1985

Koebner, Thomas (Hrsg.): Filmklassiker, Stuttgart/Leipzig 1995

Manthey, Dirk (Hrsg.): Goldenes Kino (Cinema-Buch), Hamburg 1986

Müller, Jürgen: Filme der 60er, Köln 2004

Winkler, Willi: Die Filme von François Truffaut (Heyne Filmbibliothek), München 1984



Weblinks

IMDB