Manhattan




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1979
Länge
 
96 min. (2625 m)
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (2.35:1)
Liebesfilm
 Drama
Komödie


Regie   Woody Allen
Drehbuch   Woody Allen, Marshall Brickman
Kamera   Gordon Willis
Schnitt   Susan E. Morse
Musik   George Gershwin
Ton   James Sabat, Jack Higgins, Dan Sable
Prod.-Design   Mel Boume
Ausstattung   Robert Drumheller, Justin Scoppa jr.,
    Morris Weinmann
Kostüme   Albert Wolsky, Ralph Lauren
Maske   Fern Buchner (Make-up),
    Romaine Greene (Frisuren)
Produktion   Robert Greenhut, Charles H. Joffe, Jack
    Rollins für United Artists
Verleih   United Artists, Warner Home Video


Kinostart
USA
  14.03.1979
D
  30.08.1979
       
Videostart
D
  November 1985
       
DVD
USA
  05.07.2000 (MGM Home Entertainment)
Gb
  01.10.2000 (MGM Home Entertainment)
D
  01.12.2003 (MGM Home Entertainment)
D
  25.10.2004 (MGM Home Entertainment)


 
D
 
464541 €, 152188 Zuschauer (1979)


Woody Allen   (Isaac Davis)
Diane Keaton   (Mary Wilke)
Michael Murphy   (Yale)
Mariel Hemingway   (Tracy)
Meryl Streep   (Jill)
Anne Byrne   (Emily)
Karen Ludwig   (Connie)
Ken Colley   (Jesus)
Michael O'Donoghue   (Dennis)


Der Fernsehautor Isaac Davis gibt seinen Job auf, um endlich den Roman zu schreiben, den er seit langem im Kopf hat. Drei Frauen komplizieren sein Leben, Seine nunmehr lesbische Ex-Ehefrau droht ein Enthüllungswerk über die gescheiterte Ehe zu veröffentlichen. Isaacs gegenwärtige Freundin Tracy ist erst 17 Jahre alt. Obwohl er sich mit dem unkomplizierten Mädchen gut versteht, weigert er sich, die Beziehung ernst zu nehmen und läßt sich statt dessen auf ein alter ego seiner selbst ein: Die überdrehte Journalistin Mary, zuvor Geliebte seines verheirateten Freundes Yale, leidet unter ihren provinziellen Moralvorstellungen, die sich mit dem großstädtischen Lebensgefühl nicht vereinbaren lassen. Yale wiederum hat gelernt, sich in Kompromissen einzurichten. Am Ende des Films bleibt Isaac schließlich allein, keines seiner Probleme ist gelöst. Der eigene Roman bleibt ungeschrieben, dafür liegt der Enthüllungsroman von Jill in den Schaufenstern. Mary verläßt ihn und findet zu Yale zurück, und Tracy, derer er sich wieder erinnert, reist für längere Zeit für ein Theaterengagement nach England.

 


Woody Allens zwölfter Film ist eine Liebeserklärung an seine Stadt, gleichzeitig aber auch die tragikomische Variation und Weiterentwicklung von Annie Hall und Interiors. Der Film beginnt mit den schönsten Aufnahmen der Stadt New York, die bisher in einer einzigen Montage im Kino zu sehen waren: die Skyline, die Straßen, Menschen, Brücken, Häuser, Plätze. Dazu formuliert Woody Allen sein Verhältnis zu dieser Stadt: in fünf ironischen Anläufen - pathetisch und pseudo-lässig, witzig und hochintellektuell, analytisch und romantisch. Diese Minuten sind bereits eine perfekte Exposition: die Stadt, die sich nicht einfach so definieren läßt - genauso wenig wie die Menschen, die in ihr leben und deren Leben von Manhattan mitgeprägt wird. Die Personen des Films rekrutieren sich hauptsächlich aus dem intellektuellen Mittelstand; ihre Gefühle sind ebenso oberflächlich wie ihre Unterhaltungen, sie zerreden alles und arrangieren sich mit ihrer Lebenslüge. Als Produzenten und Konsumenten von Kultur sind sie auf die Großstadt angewiesen, der sie verzweifelt Erfahrungen abzuringen versuchen, und in der sie sich selbst abstrakt geworden sind. Ihre wahren Emotionen enthüllen sie nur dem Psychiater, wodurch letztlich alle ihre Beziehungen scheitern. »Die Kameraperspektive verrät, daß diese Bewohner New Yorks auch ihren Lebensraum nicht beherrschen. Sie stehen nicht im Zentrum der Aufnahmen, sondern sind häufig am Rand plaziert oder ragen gar nur ins Bild hinein. Wenn sie den Handlungsraum verlassen, hastet ihnen die Kamera nicht hinterher, sondern wartet, bis sie wieder ins Bild zurückkommen. Der Raum bestimmt die Aktionen und Reaktionen seiner Bewohner und deshalb auch die filmische Perspektive: In vielen Einstellungen sind während des Dialogs lediglich die Silhouetten der Protagonisten in einer Totalen von New York zu sehen.« (Christiane Bornemann in: Metzlers Filmlexikon). Die Unehrlichkeit und Vordergründigkeit regiert diese Menschen, denen als einzige Persönlichkeit die 17jährige Tracy entgegengesetzt ist. Sie, zu Beginn Isaacs Freundin, durchläuft denn auch als einzige eine Entwicklung, erteilt dem in Selbstmitleid erstarrten Isaac eine Lektion.

Mit Manhattan hat sich Woody Allen ein gutes Stück vom Thema des Stadtneurotikers entfernt, verzichtet auf komödiantische Effekte, zieht den ernsten Dialog dem Slapstick vor. Das eigentliche Thema des Films ist die Verantwortung des Intellektuellen gegenüber sich selbst und seiner Umwelt. Ohne denunziatorisch zu wirken, unterzieht Allen die New Yorker Intellektuellenszene einer herben Kritik, weist auf Sinnentleerung und Phantasieverlust hin. Allen, ein romantischer Humanist, der sich in der amerikanischen Kulturszene wie ein Überbleibsel einer vergangenen Epoche ausnimmt, plädiert in einer Welt, die dem Kommerz längst Priorität gesichert hat, für seine Rückbesinnung auf Gefühle, Träume, Hoffnungen. Es soll hier allerdings nicht verschwiegen werden, daß vor allem die visuelle Gestaltung des Films ein eher geteiltes Echo fand:

»Der optische Reiz der schwarzweißen Cinemascope-Bilder, deren Montage in der Ouvertüre des Films den Vergleich mit Ruttmanns Berlin - Symphonie der Großstadt (1927) nicht zu scheuen braucht und New York im Wechsel der Jahreszeiten präsentiert, trägt einen Großteil zur visuellen Harmonie des Films bei. Die Kühnheit der Breitwandkompositionen (im Planetarium, in Isaacs Appartement), die Möglichkeiten der Raumaufteilung und der Akzentsetzung durch Grauwerte (morgens vor der Queensborough Brücke am East River, Isaac auf der Suche nach Tracy), Licht-und Schatteneffekte (im Museum of Modern Art, bei nächtlichen Spaziergängen, in Lokalen) und harte Schwarzweißkontraste (zu Beginn in Isaacs erstem Appartement) machen Manhattan zu einem der formal hervorragendsten Filme der letzten Jahre, ohne Übertreibung ein Traum in Schwarzweiß und Breitwand. Der Schnitt orientiert sich rhythmisch an der dem Film unterlegten Musik von George Gershwin, besonders dessen Rhapsody in Blue, einer Verbindung von Jazz und klassischen Konzertstrukturen, die musikalisch die Atmosphäre New Yorks so präzise einfängt wie es in der Literatur nur John Dos Passos gelang. Die Melodien dieses großen amerikanischen Komponisten betonen in Ergänzung zur Cinemascope-Kamera die romantische Perspektive, die Woody Allens Manhattan charakterisiert.« (Hans Gerold, Filmdienst). »Es bleibt eine Geschichte übrig, die in ihrem Humor mäßig, ansonsten jedoch nahe ans Klischee klassischer Kitschgeschichten herankommt. Da ist kaum ein Gag, der eine Erkenntnis bewirkt. In der Gestaltung hat Allen einem mittlerweile doch sehr modischen Trend nachgegeben. Mit der in solchen Fällen als Standardbegründung abgegebenen Argumentation, er sehe eben seine Stadt nur noch in schwarz-weiß, wird das in der Eingangssequenz des Films legitimiert. Das Ergebnis beweist das Gegenteil. Zwar gibt es in dem Film kein einziges farbiges Bild, dennoch ist die Ästhetik - die Bildkader, Schnittfolgen und Einstellungsgrößen - die eines Farbfilmes. Auf die Rückbesinnung des farbigen komischen Talents des Woody Allen ist zu hoffen.« (Josef Schnelle, Filmdienst).



Academy Awards, USA
Jahr
  Kategorie/Preisträger
1980
Oscar
Beste Nebendarstellerin - Mariel Hemingway (Nominierung)
Bestes Originaldrehbuch - Woody Allen, Marshall Brickman (Nominierung)
 
British Academy Awards, UK
Jahr
  Kategorie/Preisträger
1980
British Academy Awards
Bester Film
Bestes Originaldrehbuch - Woody Allen, Marshall Brickman
Bester Hauptdarsteller - Woody Allen (Nominierung)
Beste Hauptdarstellerin - Diane Keaton (Nominierung)
Beste Kamera - Gordon Willis (Nominierung)
Beste Regie - Woody Allen (Nominierung)
Bester Schnitt - Susan E. Morse (Nominierung)
Bester Ton - Jack Higgins, James Sabat, Dan Sable (Nominierung)
Beste Nebendarstellerin - Mariel Hemingway, Meryl Streep (Nominierung)
 
César, Frankreich
Jahr   Kategorie/Preisträger
1980
Bester ausländischer Film - Woody Allen
 
Golden Globes, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1980
Golden Globe
Bestes Drama (Nominierung)
 


 
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Hans Gerhold in: film-dienst, 19/1979; Dan Goodhill in: American Cinematographer, 11/1982; Christopher J. Knight in: Film Criticism, 1/1988?89; Wolfram Knorr in: Zoom, 17/1979; Robert Leslie Liebman in: Literature/Film Qurterly, 3/1984; Josef Schnelle in: film-dienst, 19/1979

Cinema Nr.16 (9/1979), S.90

Engelmeier, Peter W.: 100 Jahre Kino - Die großen Filme, Augsburg 1994

Felix, Jürgen: Woody Allen, Marburg 1992

Gerold, Hans: Woodys Welten (Fischer Cinema), Frankfurt a.M. 1991

Girgus, Sam B.: The Films of Woody Allen, Cambridge (Mass.) 1993

Heinzlmeier, Adolf: Kinoklassiker, Hamburg/Zürich 1986

Heinzlmeier, Adolf/Schulz, Berndt: Kultfilme (Cinema-Buch), Hamburg 1989

Karasek, Hellmuth: Mein Kino - Die 100 schönsten Filme, Hamburg 1994

Müller, Jürgen: Filme der 70er, Köln 2003

Rauh, Reinhold: Woody Allen (Heyne Filmbibliothek), München1991