Land
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Jahr
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1944-47
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Länge
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110 min.
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Originalfassung:
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123 min. (3393 m)
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Farbe
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Tonverfahren
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RCA Sound System
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Format
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35 mm (1.37:1)
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Regie | Charles Chaplin | |
Drehbuch | Charles Chaplin | |
nach einer Idee von Orson Welles | ||
Kamera | Roland Totheroh, Curt Courant, | |
Wallace Chewing | ||
Schnitt | Willard Nico | |
Musik | Charles Chaplin | |
Ton | James T. Corrigan | |
Ausstattung | John Beckman | |
Kostüme | Drew Tetrick | |
Produktion | Charles Chaplin für United Artists | |
Verleih | Constantin |
11.04.1947 | |||
06.06.1952 | |||
16.05.2000 (Image Entertainment) | |||
02.03.2004 (Warner Home Video) | |||
03.07.1999 (Gaumont, Columbia/Tristar) |
?
Charles Chaplin | (Henri Verdoux) | |
Isobel Elsom | (Marie Grosnay) | |
Martha Raye | (Annabelle Bonheur) | |
Marilyn Nash | (Renee) | |
Mady Correll | (Mona Verdoux) | |
Allison Roddan | (Peter Verdoux) | |
Robert Lewis | (Maurice Bottello) | |
Audrey Betz | (Martha Bottello) | |
Ada-May | (Annette) | |
Charles Evans | (Inspektor Morrow) |
Kurz nach dem II.Weltkrieg kam Orson Welles zu Chaplin, um ihn für ein Projekt zu gewinnen. Er bot Chaplin an, die Rolle des berüchtigten Pariser Frauenmörders Landru zu spielen. Aus der Idee wurde dann ein Spielfilm, bei dem Charlie Chaplin wieder einmal seine Fähigkeiten als Universalgenie unter Beweis stellen konnte. Chaplin nannte seinen Film im Untertitel »A comedy of murder« . Er stellt einen sanften Mörder vor, der sein Gewerbe ohne Skrupel wie eine schöne Kunst betreibt. Am Ende rechtfertigt sich Verdoux : »Ein einziger Mord stempelt den Menschen zum Mörder... aber Millionen von Morden machen ihn zum Helden. Die Maßstäbe rechtfertigen alles, mein Lieber.«
Monsieur Verdoux ist der erste normale Dialogfilm von und mit Chaplin. Die Verwandtschaft zwischen Verdoux und dem Landstreicher Charlie ist jedoch unverkennbar. Beide tragen den Kampf ums Überleben mit naiver Skrupellosigkeit aus. Schon Charlie war mit seinen Gegnern oft recht rücksichtslos verfahren; auch Verdoux hat sentimentale Anwandlungen, wenn er seinen Sohn mahnt, die Katze nicht zu quälen, oder wenn er eine Raupe liebevoll vom Gartenweg in Sicherheit bringt. Verdoux könnte so etwas wie eine Traumvorstellung Charlies sein - so erfolgreich und so elegant, wie jener stets gern sein wollte. »Chaplin hat sich diesesmal gespalten, Monsieur Verdoux, dem Symbol der schlimmen Erkenntnis, stellt er Marilyn Nash (Renee) gegenüber. Marilyn Nash ist niemand anderes als Charlie der Tramp. Unter ihrem Regenmantel behütet sie eine verlassene Katze wie Charlie in A Dog's Life einen Fox-Terrier versteckte. Verdoux ist zwar Charlie, aber er ist zugleich seine Gegengestalt, oder seine Ergänzung, oder seine Double, oder seine jüngerer Bruder, wie man will. Und in Marilyn Nash, die er verschont, erkennt er sich wieder. Und so schrecklich klar erkennt er sich in ihr wieder, daß er sie flieht.« (Jacques B. Brunius, La Revue Du Cinema, 3/1948).
»Der Tramp, in seiner Artigkeit und Unschuld, seinem Verlangen nach Liebe, seiner Lächerlichkeit und seinen Sorgen, verkörpert die freie, unversehrte Seele; in ihm erkennen wir viel von dem, was an uns selber teuer ist. Verdoux ist so viel näher und dunkler, daß wir es kaum ertragen können, uns auch in ihm zu erkennen. Er ist die ausgelieferte, gemarterte Seele; diese Seele ist nicht länger unversehrt; wir werden Zeuge ihrer Agonie. Und dieser tragische Prozeß ist nur noch grausamer, weil er nicht ernst, sondern munter, mit einer kalten, kühnen Lustigkeit dargestellt wird; die sich selbst zerstörende Seele ist sich ihrer eigenen Lage kaum bewußt.« (James Agee, zitiert nach Filmkritik 9/1965)
»Henri Verdoux ist eine Variation des gängigen Helden der Schwarzen Serie, vielleicht sogar dessen letztmögliche Steigerung. Der Massenmörder ist der verzweifelte Kleinbürger, der schuldige Verbrecher und der anklagende Moralist in einer Person. Er ist der schizophrene Lady-Killer, der in der Zeit der Depression das ideologische Angebot vom guten Amerikanertum verschmäht und sich lieber die Regeln von Politik und Großkapital zu eigen macht. Zeit seines Arbeitslebens war Verdoux damit beschäftigt gewesen, mit dem brachliegenden Geld anderer Menschen zu spekulieren. Jetzt konterkariert er das Geschäft zum Verbrechen und umgekehrt, um sich das Geld, das unproduktiv in den Händen der Witwen liegt, zurückzuerobern. Chaplin variiert auch den in den vierziger Jahren vorherrschenden Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau. Die hilflose invalide Frau Mona, sonst das klassische Mordopfer der Schwarzen Serie, ist jetzt die geliebte Frau, deren Versorgung den Sinn für Verdoux' verbrecherische Geschäfte abgibt. Umgekehrt sind dessen Opfer selbständige wohlhabende Witwen, die eher den Typ der emanzipierten Partnerin als des schutzbedürftigen Heimchens am Herd verkörpern. Selbst die derb-komische Annabella Bonheur bewahrt sich in ihrer neureichen Naivität die Schläue, sich die Geschäfte nicht aus der Hand nehmen zu lassen.« (Christoph Fuchs in: Enzyklopädie des Kriminalfilms).
Chaplin wurde wegen dieses Films heftig angegriffen; man warf ihm Sadismus und Perversität vor. Er erklärte lediglich: »Ich wollte unter bestimmten drastischen Bedingungen Mitleid für die ganze Menschheit wecken.« Die Erstaufführung von Monsieur Verdoux fiel unglücklicherweise mit Chaplins Vernehmung durch den McCarthy-Ausschuß zusammen, in dessen Verlauf der große Komiker sich gegen den Vorwurf verteidigen mußte, kommunistische Umtriebe gegen die Vereinigten Staaten initiiert zu haben. Als dies bekannt wurde, drohten die American Legion und andere patriotische Gesellschaften den Kinos, in denen der Film anfangs mit einem beachtlichen Erfolg lief, mit einem Boykott. Viele Besitzer sahen ihre Existenz gefährdet und strichen die Produktion aus ihrem Programm. Auf Chaplins Veranlassung wurde Monsieur Verdoux dann ganz aus dem Verleih genommen, um weitere sinnlose Ausgaben und Werbungskosten einzusparen. Dennoch erhielt Monsieur Verdoux eine Oscar-Nominierung für das beste Original-Drehbuch. Ein weiterer Film, der sich mit dem Fall des Massenmörders Landru beschäftigte, drehte Claude Chabrol 1962 unter dem Titel Der Frauenmörder von Paris.
Academy Awards, USA
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Jahr
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Kategorie/Preisträger
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1948
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Bestes Originaldrehbuch - Charles Chaplin (Nominierung)
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André Bazin in: Revue de Cinéma, 1/1948; Hans C. Blumenberg in: Die Zeit, 26.7.1974; Brigitte Jeremias in: FAZ, 16.7.1974
Hembus, Joe: Charlie Chaplin (Heyne Filmbibliothek), München 1972ff
Müller, Jürgen: Filme der 40er, Köln 2006
Wacker, Holger (Hrsg.): Enzyklopädie des Kriminalfilms, Meitingen 1995
Wiegand, Wolfgang (Hrsg.): Über Chaplin, Zürich 1978