Platoon




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1986
Länge
 
120 min. (3277 m)
Farbe
 
Color
Tonverfahren
 
Dolby
Format
 
35 mm (1.85:1)
Drama
Komödie


Cast
Regie   Oliver Stone
Drehbuch   Oliver Stone
Kamera   Robert Richardson
Spezialeffekte   Yves De Bono, Rudy Candaza, Jimmy Intal,
    Felizardo Manaloto, Jose Marquez, Roland
    Salem, Boy Terrado, Andrew Wilson
Schnitt   Claire Simpson
Musik   Samuel Barber, Georges Delerue
Ton   John Wilkinson, Richard D. Rogers, Charles
    Grenzbach, Simon Kaye (Mischung),
    Gordon Daniel (Schnitt)
Prod.-Design   Bruno Rubeo
Bauten   Roy Lachica
Ausstattung   Rodel Cruz, Doris Sherman Williams
Kostüme   Wynn Arenas
Maske   Gordon J. Smith, Cecille Baun, Derek
    Howard, Gionilda Stolee; Stunts: Gil Arceo
Produktion   Arnold Kopelson für Hemdale Film
    Corporation
Verleih   20th Century-Fox, RCA/Columbia (Video)


Erstaufführung
Kinostart
USA
  24.12.1986
D
  28.02.1987
       
Videostart
D
  16.12.1987
       
TV-Premiere
D
  01.12.1990, ARD
       
DVD
  09.12.1997 (Live Entertainment)
  23.03.1999 (Polygram)
  15.08.2000 (MGM Home Entertainment)
  05.06.2001 (MGM Home Ent., Special Edition)
  30.05.2006 (MGM Home Ent., Special Edition)
D
  12.10.2000 (MGM Home Entertainment)
D
  01.10.2001 (MGM Home Ent., Special Edition)
D
  27.04.2004 (MGM Home Ent., Gold Edition)
D
  01.07.2005 (MGM Home Entertainment)
D
  07.02.2006 (MGM Home Ent., Ultimate Edition)


Einspielergebnisse
USA
 
137963328 $
 
D
 
9577610 €, 2451303 Zuschauer


Darsteller
Tom Berenger   (Sergeant Barnes)
William Dafoe   (Sergeant Elias)
Charlie Sheen   (Chris Taylor)
Forest Whitaker   (Big Harold)
Francesco Quinn   (Rha)
John C. McGinley   (Sergeant O'Neill)
Richard Edson   (Sal)
Kevin Dillon   (Bunny)
Reggie Johnson   (Junior)
Keith David   (King)
Johnny Depp   (Lerner)
Mark Moses   (Lt. Wolfe)
Corey Glover   (Francis)
Chris Pedersen   (Crawford)
Bob Orwig   (Gardner)
Corkey Ford   (Manny)
David Neidorf   (Tex)
Tony Todd   (Warren)
Kevin Eshelman   (Morehouse)
James Terry McIlvain   (Ace)
J. Adam Glover   (Sanderson)
Ivan Kane   (Tony)
Paul Sanchez   (Doc)
Dale Dye   (Captain Harris)


Inhalt
Vietnam 1967/68. Der junge, etwas naive College-Student Chris Taylor zieht freiwillig in den Krieg, weil er nicht einsieht, daß die Ideale seines Landes in Vietnam nur von Soldaten repräsentiert werden, die den unterprivilegierten Schichten angehören. Er wird einem Platoon, einer Infanterieabteilung von ca. 30 Männern, zugeteilt, der die Aufgabe hat, den Gegner aufzustöbern und zu vernichten (search and destroy). Zwei Männer extrem unterschiedlichen Charakters geben in dem Platoon den Ton an: Sergeant Elias, ein Mann, der auch im Krieg moralische Werte nicht vergessen hat und der versucht, ein Mindestmaß an Menschenwürde beizubehalten, und Sergeant Barnes, ein narbengesichtiger Sadist mit einem aggressiven Killerinstinkt. Taylor muß sich irgendwann entscheiden, auf wessen Seite er sich schlagen soll. Die Lage um ihn herum ist frustrierend und demoralisierend. Taylor ist schwersten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt; er findet nur schwer Anschluß zu den Männern, die durch Alkohol, Drogen und dumpfe Gleichgültigkeit ihre beschissene Realität zu überwinden suchen und nur noch die Tage abzählen, die sie dort verbringen müssen. Taylor erlebt mit, wie ein Teil seines Platoons in einen Hinterhalt gerät, wobei einige von denen ihr Leben lassen müssen, denen er sich ein wenig angenähert hatte. Mit der aufgestauten Wut über diesen Verlust durchsucht Barnes wenig später mit seinen Leuten ein Bauerndorf, in dem Waffen vermutet und entdeckt werden. Die Männer werden zu Bestien, sie morden und vergewaltigen und brennen die Hütten ab. Barnes will durch die Erschießung von noch mehr Zivilisten Geständnisse über Verbindungen zum Vietkong erzwingen, aber Elias kann im letzten Moment verhindern, daß er seinen Mord- und Rachegelüsten freien Lauf läßt. Es kommt zu einer offenen Konfrontation zwischen den beiden. Elias kündigt an, Barnes vor ein Kriegsgericht zu bringen. Bei einem späteren Einsatz, als Elias bei einem Rückzugsgefecht von seinen Leuten abgeschnitten ist, nutzt Barnes kaltblütig die Gelegenheit, ihn zu erschießen. Vom rettenden Hubschrauber aus sehen die Soldaten, daß Barnes sie belogen hat, als er Elias, der sich schwerverwundet zum Sammelpunkt zurückschleppen konnte für gefallen erklärte. Es ist aber nicht mehr möglich Elias mitzunehmen. Er stirbt an den Kugeln der nachrückenden Vietkong. Taylor nimmt sich vor, den Mord an Elias zu rächen. Die Gelegenheit dazu bietet sich ihm, als Barnes bei einem Einsatz verwundet wird. Anstatt ihn ins Lazarett bringen zu lassen, tötet Taylor Barnes.

 


Kritik
Oliver Stone war 1967/68 15 Monate lang als Freiwilliger bei der 25.Infanteriedivision in Vietnam, von wo aus er verwundet und dekoriert zurückkehrte. Das Buch zu Platoon, das überwiegend auf autobiographischen Erlebnissen und Erfahrungen beruht, schrieb er bereits 1975, aber es dauerte lange, bis er die Finanzierung des Projektes zusammenbekam. Gedreht wurde auf den Philippinen mit einem vergleichsweise geringen Etat von 6 Millionen Dollar.

Platoon wurde international mit Preisen und Auszeichnungen bedacht und wurde in den USA zu einem phänomenalen Publikumserfolg (Einspielergebnis über 60 Millionen Dollar). Aber während der Film vor allem in der Presse der USA enthusiastisch gefeiert wurde (»...einer der größten Kriegsfilme aller Zeiten...«, The New York Times) war die Aufnahme in anderen Ländern kontrovers. Stone will in diesem Film vor allem berichten, was er selbst erlebt hat, bevor es in Vergessenheit gerät, er will seine Wahrheit erzählen. Stone arbeitet plastisch heraus, daß die in der Armee Benachteiligten diejenigen sind, die das auch zu Hause erdulden müssen; er zeigt darüber hinaus, wie mangelhaft die Vorbereitung der GIs auf die reale Situation eines Dschungelkrieges war. Anklage und Selbstanklage des Films richten sich auch gegen die verheerenden Verwüstungen, die der Krieg bei den GIs angerichtet hat und den die GIs in Vietnam hinterlassen haben. Mit Landser-Seligkeit und Kumpel-Getue hat der Film nichts im Sinn; er zeigt Gleichgültigkeit, Aggressionen, Rivalitäten und Feindschaften, Rassismus und Klassengegensätze. In Platoon kommt billiges Pathos nicht auf; der Krieg ist nicht heroisch, sondern abstoßend und schmutzig. Stone will dies an einer zentralen Stelle des Films verdeutlichen: der Vernichtung des Bauerndorfs, einer Parallele zu dem berüchtigten Massaker von My Lay. Allerdings liefert Stone hier in der Abfolge und Dramaturgie der Handlung anstelle distanzierender Analyse eine aus dem Zusammenhang des Filmgeschehens heraus vielleicht sogar zu verstehende Erklärung für das Massaker. Die Männer, angsterfüllt von den Gefahren vor einem unsichtbaren Feind und gegenüber ihrer Umgebung, dringen in das Dorf ein, nachdem sie kurz vorher in einen Hinterhalt geraten sind. Aus der Situation des erlebten Horrors heraus entlädt sich das Angestaute bei der Durchsuchung des Dorfes und den Verhören der Bewohner. Auch an anderen Stellen steht eine nicht ganz zu Ende gedachte Konzeption bei der filmischen Umsetzung entgegen. Deutlich wird dies in der Szene, in der der schwerverwundete Elias von den im Hubschrauber abfliegenden Soldaten zurückgelassen wird und eines pathetischen Todes stirbt, ein typischer Filmtod im Kriegsfilm, gut geeignet für Standfotos und Plakate. Wie bei einem Western benutzt Stone von Anfang an Klischees, um Gut und Böse zu typisieren. Elias ist positiv besetzt. Er hat zwar auch kleine menschliche Fehler, aber bleibt sauber, ist bei den Jungs beliebt. Barnes hingegen trägt den Makel des Häßlichen und Abstoßenden. Er ist das Musterexemplar des narbengesichtigen, mordlüsternen Hurensohns. Und Taylor, um dessen Seele die beiden ringen, ist der naive, gutmütige Junge, der nach Vietnam geht, um seinen Beitrag als guter Soldat und Patriot zu leisten. Im Gegensatz zu den anderen Figuren, die keinen Hintergrund und keine Geschichte haben, ist er allerdings der einzige, der eine erkennbare Entwicklung durchmacht. Er, der so sein möchte wie Elias, wird durch seinen Mord an Barnes zum Mörder und somit wie Barnes.

»Es ist durchaus möglich von einem Film wie Platoon fasziniert zu sein, der durch den autobiographischen Ton möglicherweise glaubhafter wirkt als die gewagte intellektuelle, mythologische Konstruktion. Aber ich wage zu behaupten, daß das Wort Antikriegsfilm für diesen Film gänzlich unangebracht ist. Zunächst wäre ja ein Antikriegsfilm ein Film, der sich gegen die Konventionen und Mythen des Kriegsfilmes (als Genre und als ideologische Konstruktion) wendete. Nichts davon in Platoon. Die Konstruktionsprinzipien des Films folgen Mustern aus dem Western, dem Abenteuerfilm und dem Kriegsfilm. Die heroische Ikone des soldatischen Mannes verliert ihre Bedeutung nicht dadurch, daß die Sinnlosigkeit des Krieges konstatiert wird, und schon gar nicht, indem das personifizierte Böse des Krieges, die Verwandlung von Männern in seelenlose tötende Maschinen (mit einer Tendenz dazu, unsterblich zu werden), auch in den eigenen Reihen gesehen wird. Das gibt es in jedem besseren B-Kriegsfilm. Oliver Stones Film aber funktioniert noch genialer als ein gewöhnlicher Kriegsfilm, der gerade in der letztendlichen Sinnlosigkeit des Krieges (das heißt auch in seiner Utopielosigkeit) seinen eigentlichen Wert als Schauplatz des existentiellen Abenteuers findet. Platoon erweckt obendrein noch Mitleid, nicht allein mit den amerikanischen Opfern des Krieges, sondern darüber hinaus auch Mitleid mit einer Gesellschaft, die auf geheimnisvolle Weise diesen Krieg brauchte. Und ich denke, daß Platoon nicht allein unpolitisch ist (was schon schlimm genug wäre), sondern daß er entpolitisierend wirkt, rationale wie emotionale Impulse verfälscht. Der vermeintliche Verzicht auf Ideologie und Utopie, den Stone verkündet, ist ein wohlfeiler Rückzug vor der Kritik an der eigenen Ideologie und öffnet anderen, irrationaleren Diskursen das Feld. Daß die Amerikaner im Dschungel von Vietnam vorwiegend gegen sich selbst gekämpft hätten, ist ein unsinniger, ein gelogener und zugleich ein überaus verführerischer Satz. Die Feinde in diesem Film sind keine realen menschlichen Wesen: sie sind zum Alptraum, zum Bild der eigenen Neurosen geworden. Der Vietkong ist der böse Geist des Waldes, den man nicht hätte betreten dürfen. Platoon ist nur insofern ein Antikriegsfilm, als er nicht einmal ein Kriegsfilm ist. Er ist vielmehr so etwas wie ein ›Barbarenfilm‹, der sich statt prä- oder posthistorischer Täler den Vietnamkrieg als Austragungsort seiner mythischen Konflikte wählt. Das Problem eines jeden Antikriegsfilms liegt keineswegs in der Darstellung der Gewalt allein. Es liegt vielmehr vor allem in der Wahl der Perspektive und sodann in der Methode der Darstellung. Stones Film zerfällt in den mythischen Teil (in dem der gute Soldat, Elias, denn auch einen Heiligen-Tod zu sterben hat) und in einen mehr oder weniger realistischen Teil, in dem Stone seine Erfahrungen mit der schmutzigen Alltäglichkeit des Krieges verarbeitet hat, und die man hier und dort allenfalls als Kritik an der militärischen Kultur des Krieges deuten kann. Ist denn Platoon ein Film, der in der Lage ist, durch Wahrhaftigkeit in der Schilderung einen Krieg (und das heißt seine Verursacher) zu verurteilen? Ganz gewiß nicht, Er zeigt uns einen Ausschnitt, der das ganze Ausmaß des Vietnamkrieges und seine politische Dimension vebirgt. Die heroisch-individualistische Auseinandersetzung im Dschungel ist ja eher untypisch für den Krieg. Stones Paraphrase des Massakers von My Lay übertrifft an Verlogenheit noch die ganze Anlage des Films. Zum ersten wird ein mythischer Auslöser konstruiert: der Tod eines Spähers (überhaupt ist diese ganze Szene reines rechtes Western-Kino);wutentbrannt gelangen die GIs also in das vietnamesische Dorf, um sich dort über das Ausmaß von Mord und Zerstörung zu entzweien. Wie sich der gute Soldart dem bösen entgegenstellt, um dem Morden ein Ende zu bereiten, so stellt sich der Held einer Vergewaltigung entgegen. Im übrigen ist seine Sorge nicht dem Opfer, sondern seinen Kameraden gewidmet, deren Entmenschlichung er fürchtet. Als das Dorf dann angezündet wird, gehen die amerikanischen Soldaten davon, vietnamesische Kinder auf den Armen, Alte führend, Auf wundersame Weise endet das Massaker in der Rafaelisierung der Schutzmacht. Wiederum wirkt die Reduktion der amerikanischen Kriegsverbrechen auf das Massaker von My Lay doppelt: Es läßt sich als irgendwo verständliche, individuell dann verschuldete Ausnahme interpretieren, und es trägt, jedenfalls in Stones Mythos, ganz offensichtlich die Strafe und die Vergeltung bereits in sich. Die Kamera macht den Zuschauer zum möglichen Opfer, aber mit einer perfiden Konsequenz: Sie läßt die GIs als Opfer erscheinen, mit denen allein sich der Zuschauer in seiner durch die Konstruktion des Thrill in den entsprechenden Szenen erzeugten Angstlust identifizieren muß. Indem Stone uns keine Chance gibt, diese Opferperspektive zu verlassen, zwingt er uns, das andere Wissen um den Krieg (sofern es überhaupt vorhanden ist) zu verdrängen. Der Vietnamkrieg erschöpft sich so als historischer Unglücksfall, in dem vor allem die Amerikaner gelitten haben und dessen Ursachen und Folgen offensichtlich gleichgültig sind. Nach dem Betrachten der von Oliver Stone geschriebenen Filme, die allesamt sehr wirkungsvoll, sehr mythisch, aber auch rassistisch und reaktionär sind, ergibt sich beileibe nicht das Bild eines kritischen Dissidenten, der endlich und als einziger den Mut gefunden hat, ein wahrhaftiges Bild des Vietnamkrieges zu zeichnen. Der Erfolg gibt Stone recht. Fast alle sind mit seinem Film glücklich, von den Kriegsveteranen bis zu liberalen Filmkritikern. Er ist ein idealer Fluchtpunkt. Genauso falsch wie die Vorstellung, es gebe für politische, ökonomische und militärische Fragen pragmatische, menschliche Antworten. Platoon ist ein rechter Männerfilm. Er ist schlimmer, heimtückischer als Rambo II.« (Georg Seeßlen, EPD Film).

»Kaum ein Film ist so gegensätzlich aufgenommen worden wie Platoon. Dabei diskutieren Platoon-Gegner vor allem ideologische Fragen, vermissen eine klare Schuldzuweisung und entdecken in Oliver Stones Film amerikanische Helden. Vielleicht hängt diese Einschätzung mit einer Erwartungshaltung zusammen, die nach einem filmischen Urteilsspruch gegen die USA verlangt und möglicherweise herrührt aus einer undifferenzierten Parteilichkeit aus den Tagen der Studentenrevolte. Warum ist Platoon ein rechter Film? Weil der den Verursacher des Krieges nicht verurteilt? Weil er keine Kritik an der Ideologie der USA übt? Wie ist andererseits eine Ideologie zu beurteilen, die für die Befreiung aus kolonialer Abhängigkeit allein den bewaffneten Kampf für richtig hält und die nationale Befreiung mit dem Kampf für eine kommunistische Gesellschaft verbindet? Was ist von einer Ideologie zu halten, die das Leiden eines Volkes, den Tod Hunderttausender in Kauf nimmt, in er Hoffnung, daß man - gegen einen übermächtigen Gegner - siegen wird und die neue Gesellschaft gerechter sein wird? Müßte in einem ideologiekritischen Film über den Vietnamkrieg nicht auch die Ideologie Ho Chi Minhs hinterfragt und möglicherweise verurteilt werden? Ich denke, daß die Tragödie des vietnamesischen Volkes nicht allein mit der erbarmungslosen Kriegführung der USA und ihren Weltmachtansprüchen zu erklären ist. Stones Wunsch nach einer Abkehr von Ideologien finde ich vor diesem traurigen Hintergrund sehr sympathisch. Seine Rückkehr ins scheinbar Unpolitische, in die stark psychologische Darstellung des Kriegsgeschehens, kann in seiner Ausschnitthaftigkeit die politische Dimension des Krieges tatsächlich nur zu einem geringen Teil erfassen. Aber immerhin zerstört er den Mythos, in Vietnam hätten tapfere US-Soldaten aus freien Stücken und ehrenhaft die Ideale des Freien Westens verteidigt. Für einen eindringlichen Antikriegsfilm halte ich Platoon nach wie vor. Als verlogen empfinde ich die an das Massaker von My Lay erinnernden Szene nicht. Wenn ein von Vietnamesen ermordeter US-Soldat als Auslöser des Gemetzels gezeigt wird, entschuldigt dies keine Untaten, sondern erklärt, wie sich im Krieg Gewalt an Gewalt entzündet und steigert. Wenn die US-Soldaten gleich nach Mord und Vergewaltigung kleine Kinder aus dem brennenden Dorf hinaustragen, dann ist dies ein Bild, das die Schizophrenie des Krieges zeigt, die darin liegt, mit dem Töten von Menschen Leben erhalten und humanistische Ideale verteidigen zu wollen. Ich kann in Platoon nichts von Heroisierung oder weißer Überlegenheit finden. Wer wird heroisiert? Der junge Chris nicht. Er überlebt nur durch Zufall, nicht weil er mutiger ist oder besser schießt als andere. Sein Amoklauf, bei dem er mehrere Vietnamesen tötet, zeigt keine Überlegenheit, sondern selbstmörderische Verzweiflung. Seine Rache an dem Kameraden-Mörder Barnes kommt zu spät, als daß es ein heldenhafter Akt der Entscheidung gegen das Böse sein könnte. Es ist das widerwillige Abschlachten eines schwer verwundeten Mannes, der seinen Verletzungen vermutlich ohnehin erlegen wäre. Elias schließlich, der Tapferkeit mit Tugend verbindet und so zum Helden werden könnte, stirbt einen - von Stone wie eine Kreuzung stilisierten - Opfertod ohne Sinn. Es gibt keinen Wert, an den diese Soldaten glauben, keinen Wert, für den sie zu sterben bereit sind. Sie wollen nur nach Hause. In Platoon ist kein Platz für Helden.« (Detlev Kühn, EPD Film).

»Nach der ersten Aufarbeitungswelle in den späten siebziger Jahren nun die Erinnerungen aus größerem zeitlichen Abstand: Oliver Stones Platoon ist ein illusionsloser Dschungelkriegsreport aus der endlosen Materialschlacht in Vietnam, in der die jungen Amerikaner verheizt wurden für nichts. Der College-Student Chris, der sich freiwillig gemeldet hat, weil doch nicht allein die Armen und die Farbigen die Drecksarbeit fürs Vaterland machen sollen, gerät in eine Soldatenwelt, in der die totale Brutalisierung längst stattgefunden hat. Zwischendurch wird abgetaucht in Rauschgiftlöcher: Betäubung vom Mordgeschäft. Die unaufhaltsame Verrohung ganz normaler, zivilisierter junger Männer ist dabei erschreckend verständlich: Sie reagieren in blinder, hilfloser Wut auf die Brutalität der Vietkong. Eine stufenweise in wilde Barbarei verfallende Truppe, in der sich wiederum die skrupellos brutalen gegen die Anständigen durchsetzen, wird aufgerieben bis auf wenige Überlebende. Ein Inferno-Film vom schmutzigen Krieg, nach den Typenregeln von Frontsoldatendramen gebaut (der Galgenhumorkumpel, der Killer, das zuverlässige Rauhbein, das Greenhorn...): Im Platoon-Gemetzel kommt für jeden der Augenblick der Wahrheit. Ist das die Botschaft?« (Ponkie, AZ).



Auszeichnungen
Academy Awards, USA
Jahr
-
Kategorie/Preisträger
1987
Oscar
Beste Regie - Oliver Stone
Bester Schnitt - Claire Simpson
Bester Film - Arnold Kopelson
Bester Ton - John Wilkinson, Richard D. Rogers, Charles Grenzbach, Simon Kaye
Bester Nebendarsteller - William Dafoe (Nominierung)
Bester Nebendarsteller - Tom Berenger (Nominierung)
Bestes Originaldrehbuch - Oliver Stone (Nominierung)
Beste Kamera - Robert Richardson (Nominierung)
-
Golden Globes, USA
Jahr
-
Kategorie/Preisträger
1987
Golden Globe
Bestes Drama
Beste Regie - Oliver Stone
Bester Nebendarsteller - Tom Berenger
Bestes Drehbuch - Oliver Stone (Nominierung)
-
British Academy Awards, UK
Jahr
-
Kategorie/Preisträger
1988
British Academy Awards
Beste Regie - Oliver Stone
Bester Schnitt - Claire Simpson
Beste Kamera - Robert Richardson (Nominierung)
 
Internationale Filmfestspiele Berlin, Deutschland
Jahr   Kategorie/Preisträger
1987
Beste Regie (Silberner Bär) - Oliver Stone
 
 


Bewertung
 
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Literatur

Bodo Fründt in: SZ, 2.5.1987; Norbert Grob in: Kölner Stadt-Anzeiger, 2./3.5.1987; Detlev Kühn in: epd Film, 5/1987 + 8/1987; Hans Messias in: film-dienst, 7/1987; Uwe Schmitt in: FAZ, 30.4.1987; Georg Seeßlen in: epd Film, 8/1987; Jan Uhde in: medien+erziehung, 2/1987; Barbara Ungeheuer in: Die Zeit, 27.3.1987; Jörg von Uthmann in: FAZ, 2.2.1987

Cinema Nr.108 (5/1987), S.8; Nr.109 (6/1987), Plakatkarte

Faulstich, Werner/Korte, Helmut (Hrsg.): Fischer Filmgeschichte Bd.5 1977-1995 (Fischer Cinema), Frankfurt a.M. 1995

Hölzl, Gebhard/Peipp, Matthias: Fahr zur Hölle, Charlie! (Heyne Filmbibliothek), München 1991

Müller, Jürgen: Filme der 80er, Köln 2002



Weblinks

IMDB