Pretty Woman




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1990
Länge
 
119 min. (3269 m)
Farbe
 
color
Tonverfahren
 
Dolby
Format
 
35 mm (1.85:1)
Drama
Komödie
Liebesfilm


Credits
Regie   Garry Marshall
Drehbuch   J.F. Lawton
Kamera   Charles Minsky
Spezialeffekte   Gary Zink
Schnitt   Priscilla Nedd, Raja Gosnell
Musik   James Newton Howard
Ton   Michael Hilkene, David J. Hudsen,
    Mel Metcalfe, Terry Porter, James E. Webb
Prod.-Design   Albert Brenner
Bauten   Garrett Lewis
Ausstattung   David M. Haber
Kostüme   Marilyn Vance-Straker
Maske   Bob Mills (Make-up), Carol A. O'Connell
    (Frisuren)
Stunts   Rick Avery
Produktion   Gary W. Goldstein, Arnon Milchan,
    Steven Reuther für Touchstone Pic.
    mit Silver Screen Partner IV/Arnon
    Milchan Prod
Verleih   Warner Brothers, Euro Video (Video)


Erstaufführung
Kinostart
USA
  23.03.1990
D
05.07.1990
       
Videostart
D
  21.03.1991
       
TV-Premiere
D
  28.02.1992, Premiere
       
DVD
USA
  19.05.1998 (Touchstone)
USA
  01.02.2000 (Touchstone, Jubiläums-DVD)
D
  28.01.1999 (Touchstone)
D
  12.07.2001 (Buena Vista, Special Edition)
D
  22.06.2006 (Buena Vista, Jubiläums-Edition)


Einspielergebnisse
 
463400000 $
 
USA
  178406000 $
 
D
 
44004453 €, 10571908 Zuschauer


Darsteller
Richard Gere   (Edward Lewis)
Julia Roberts   (Vivian Ward)
Ralph Bellamy   (James Morse)
Jason Alexander   (Philip Stuckey)
Laura San Giacomo   (Kit De Luca)
Hector Elizondo   (Hotelmanager)
Alex Hyde-White   (David Morse)
Amy Yasbeck   (Elisabeth Stuckey)
Patrick Richwood   (Liftboy)
Elinor Donahue   (Bridget)
Judith Baldwin   (Susan)


Inhalt
Der knallharte, einsame Geschäftsmann Multimillionär Edward Lewis , der gerade mitten in einer wichtigen Aktion erfährt, daß seine Freundin ihn verlassen hat, fragt auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles die nette Prostituierte Vivian nach dem Weg. Aus einer Laune heraus nimmt er sie mit in sein feudales Hotel und staffiert sie als Begleiterin für ein Geschäftsessen aus. Am nächsten Morgen ist er von ihren Qualitäten hinreichend überzeugt und engagiert sie zu einem Pauschalpreis gleich für den ganzen einwöchigen Aufenthalt. Es kommt, wie es kommen muß: Die beiden verlieben sich ineinander und werden von ihrer Liebe geläutert. Er hört auf, mit maroden Firmen zu spekulieren und baut mit seinem letzten Opfer ein solides Unternehmen auf. Sie will ihren Körper nicht länger verkaufen und statt dessen einen bürgerlichen Beruf ergreifen. Und mit dezenter Hilfestellung des zunächst feindseligen Hotelmanagers werden sie am Ende ein Paar.

 


Kritik

»Ein unterhaltsamer Film aus der Traumfabrik, der die Effekte von Aschenbrödel und Pygmalion geschickt vereint und sich mit einer gehörigen Portion Ironie unverblümt als modernes Märchen zu erkennen gibt. Beide Protagonisten leben in einer Welt, in der Beurteilungen von besonderer Bedeutung sind. Um so erlösender ist dann die Erfahrung, daß nicht die Fassade zum Glück verhilft, sondern Offenherzigkeit, Ehrlichkeit und Natürlichkeit. Julia Roberts verkörpert diese Eigenschaften in perfekter Weise, und es gehört zu den Kunstgriffen des Regisseurs, daß er immer wieder Reaktionen von Menschen zeigt, denen dieses moderne Aschenbrödel begegnet. Dazu zählt besonders ein von Hector Elizondo brillant gespielter Hotelmanager, der die Geschichte diskret und unerkannt in Gang hält. Und so kann das Happy-End wie das Finale einer großen Oper arrangiert werden. Künstlerischer Anspruch wird hier nicht erhoben. Aber es sind Filme wie dieser, die den weltweiten Erfolg von Hollywood erklären: ein Thema, das auf ein breites Publikumsinteresse rechnen darf, ein solide gebautes Drehbuch mit einfallsreichen Dialogen, gute Darsteller und perfektes filmisches Handwerk. Allein in Deutschland hatte der Film über 10 Millionen Zuschauer.« (Reclams Filmführer).

Wahrscheinlich ist Pretty Woman derjenige unter den immens populären Kultfilmen, zu denen den Kritikerinnen und Kritikern am wenigsten eingefallen ist, obwohl mit richtig schönen Verrissen nicht gespart wurde: »Ein konventionelles Kinomärchen ohne Pfiff und Ironie, mit einem zu reservierten Richard Gere als kühler, millionenschwerer Börsenjobber, der an eine kluge Nutte mit Herz gerät. Julia Roberts, anfangs schauerlich outriert, überzeugt nach kurzem ihn und uns; sie ist spontan, sympathisch und verwirrend sexy. Die romantische Komödie variiert schamlos die einschlägigen Vorgänger von My Fair Lady über Wall Streetbis zu Rita will es endlich wissen. Aber immerhin, Julia Roberts.« (Wolf Donner, Tip).

»Ein seichtes Melodram, angereichert durch einen repräsentativen Querschnitt durch die amerikanische Schlager-Geschichte und eine Bestandsaufnahme der Modetrends der oberen Zehntausend. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb die Wirkung von Pretty Woman sehr treffend: Entweder man heult mit, oder man kotzt. Da das deutsche Publikum nach Jahrzehnten der Trivial-Gehirnwäsche ein gewisses Faible für Ami-Kitsch entwickelt hat, wurde diese, ansonsten völlig belanglose, Produktion zum erfolgreichsten Film, der bis dato über die Leinwände Deutschlands flimmerte. Ungeachtet der Kritiker, die nicht müde wurden, Julia Roberts als pferdegesichtige, untalentierte Nervensäge zu bezeichnen, war Pretty Woman ihre Eintrittskarte in die Superstarriege.« (Cinema Filmlexikon).

»Es gibt auch Kultfilme, in denen auf den ersten Blick alles nett und mittelmäßig und unbedeutend ist, die aber genauso ins Herz der populären Mythologie treffen, daß sie nur ein ewig altes Märchen wieder neu, gerade richtig für die Zeit und mit den richtigen Bildern und den richtigen Schauspielern zu erzählen brauchen, um ein paar Kassenrekorde zu brechen. Pretty Woman hat weltweit bald 500 Millionen Dollar eingespielt und war zwölf Wochen lang die Nummer eins unter den Kino-Erfolgen in Deutschland. Die richtigen Bilder sind hier: Richard Gere und sündhaft teure Anzüge. Und Julia Roberts und erst neckisch-nuttige, dann ebenfalls sündhaft teure Klamotten. Eine Hotelsuite mit allem Drum und Dran, teure Autos, der Hollywood Boulevard. Pretty Woman wurde unter anderem zum Erfolg, weil man 1990 sonst kaum Filme im Kino fand, in die ein anständiges, verliebtes Paar zusammen gehen konnte. Keine Gewalt, keine Aliens, auch kein vulgärer Sex. Statt dessen eine filmische Sprache, die sich von selbst versteht, auch wenn man schon lange nicht mehr im Kino war. Der Regisseur Gary Marshall hat zuvor vor allem Sitcoms für das Fernsehen gedreht, und seinem Film kommt einerseits ein untrügliches Gespür für Timing und die beste Plazierung einer Dialogpointe zugute, zum anderen aber geht ihm auch jede Vision, jedes Öffnen des Blicks ab. Es ist in die Goldkanten der großen Stars gefaßtes Kino für Leute, die mit Fernsehen zufrieden sind und filmische Abbildungen für die Abfolge von Establishing Shot, halbnah/nah und Schuß/Gegenschuß halten. Mit dieser sehr einfach aber fast immer ausreichenden Ästhetik hat Gary Marshall im Kino das Genre der Sozialmärchen für sich entdeckt, Unterabteilung Menschen aus sehr verschiedenen Klassen und Kulturen finden als Geliebte oder als Freunde, nach vielen komischen, dramatischen oder sentimentalen Verwicklungen doch zueinander. Aber achten wir auf die Goldkante! Zwar bleibt das Bild eng und abgezirkelt, die Handlung vorhersehbar, aber gerade das ökonomische Verhältnis von Aufwand und Wirkung gibt dem Unternehmen recht. Nie war Richard so Gere und Julia noch Roberts. Ach ja, die Geschichte. Sie ist so künstlich und kalkuliert, daß es eine wahre Pracht ist: eine hemmungslos und nur scheinbar hemmungslos naive Bastelei mit Motiven und Themen.. Julia Roberts steht in der Tradition der ›Huren mit Herz‹ im Hollywood Film, denen man - wie Shirley MacLaine - glatt zutraut, ihren Beruf nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit intakter Jungfernschaft auszuüben. In ihrer Gegenwart denken Männer, so scheint es, an alles mögliche, nur nicht an Sex. Cinderella ist eine schöne Geschichte, Pygmalion ist auch eine schöne Geschichte. Wie schön müssen dann erst beide Geschichten zusammen sein. Während sich die Cinderella-Geschichte eher fürs Herz aufbereiten läßt, sorgt der Pygmalion-Aspekt für den comic relief. Die Straßengöre benimmt sich verständlicherweise anfänglich in Edwards Welt der superreichen Snobs hier und dort ein wenig daneben, und wollen wir das nicht alle ab und zu? Das dritte Motiv, auch ein sehr traditionelles, ist das des Liebesvertrages. Denn Edward legt Vivian einen ausgearbeiteten Vertrag über Rechte und Pflichten vor, wie man es in seinen Kreisen macht. Und die Liebe läßt sich natürlich am Ende nicht vertraglich regeln. Das vierte Motiv, natürlich: ›Kleider machen Leute‹.Sozial gesehen kann man in eine Boutique als Proll-Mensch hineingehen und als High-Society-Model wieder herauskommen, vorausgesetzt man hat die richtige Kreditkarte. Motiv Nummer fünf: Erziehung des Herzens. Auch Edward muß seine Lektion lernen, was Liebe und das soziale Drumherum anbelangt; er muß sich über seine Gefühlskälte und seine geschäftliche Coolness (sprich: Brutalität; seine Spezialität ist es, marode Konzerne aufzukaufen und ohne Rücksicht auf die Menschen zu ›cracken‹) erheben, um sich in einen Kapitalisten umzuwandeln, der konstruktiv und gemeinschaftsfördernd handelt. Wem verdanken wir das? Julia/Vivian und Motiv Nummer sechs: Das Mädchen aus dem Volk bringt Natürlichkeit, frischen Wind und soziale Herzenswärme in die Strukturen politisch-ökonomischer Herrschaft. Womit wir bei Motiv Nummer sieben, der Frank-Capra-Ebene des Films, angelangt wären: Wenn die Leute im Kapitalismus zu fies werden, muß man die Menschen in die Chefetagen lassen. Und so zu Motiv Nummer acht. Wie auch wir vergeben unseren Sündern: das gefalle Mädchen und der eiskalte Geschäftsmann. Gemeinsam werden sie, wir hoffen es, ausstehlich, denn so schlimm wie sie tun, das wir während der ›Handlung‹ gelernt, sind die beiden gar nicht, vor allem sind sie nicht so abgebrüht. So retten sie die beiden Welten, in denen alles käuflich erscheint, und verabschieden nebenbei die Ära der rücksichtslosen Yuppies. Motiv Nummer neun: Achtet nicht so sehr auf die Formen. Vivian darf sich in der Armani- und Maîitre-d'-Welt so schön kindlich und arglos benehmen, wie wir es gern täten, ohne gleich so destruktiv wie die Marx Brothers zu werden. Aber wie Goofy, der sofort heulen muß, wenn er die echte ›Mona Lisa‹ sieht, während ihn jede noch so perfekte Täuschung kalt läßt, hat auch Vivian das untrügbare Gespür für das ›Echte‹ in der Kultur. Zum Beispiel in der Oper. Das Ganze ist in so einfachen Bildern erzählt, daß garantiert nichts Geheimnis bleibt. Wie zum Beispiel definiert man in diesem Kino des Offensichtlichen Einsamkeit? Genau: Richard Gere spielt Nachts Klavier. Aber so künstlich und konstruiert der Film auch erscheinen mag, so hat er doch seine Widerhaken und großen Momente. Man kann ihn lesen als Kommentar auf diese Diskurse der Käuflichkeit: der Straßenstrich und das Big Business - es ist immer das gleiche. Edward selbst erkennt die strukturelle Ähnlichkeit ihrer beider Berufe und formuliert sie in bester Sitcom-Manier: ›Wir beide legen für Geld die Menschen aufs Kreuz.‹

In den ersten fünf Minuten hat der Film über seine Figuren so viel Wahres gesagt, daß der Rest der 115 Minuten Dauer nicht ausreicht, alles wieder zurechtzulügen. Wir sehen die Party der Reichen und Schönen. Edward telefoniert, seine Freundin verkündet sie werde ausziehen. Äußerlich bleibt er ganz cool, innerlich muß er beben (und keiner von uns weiß ob er nur keine Niederlagen vertragen kann oder ob er wirklich eine Liebe verloren hat). Und als er mit dem teuren Wagen seines Gastgebers durch die Luxusgegend brettert ahnen wir was ›Objekte‹ in dieser Welt bedeuten und was ihre Bühnen sind, zum Beispiel das Beverly-Wilshire-Hotel, das dann zum Zentrum der statischeren Teile des Films wird Und wir sehen Vivian auf der Straße, als sie sich mit einer Kollegin um Geld streitet und als eine unliebsame Konkurrentin vertrieben werden muß. Neoliberalismus auf der Straße! Aber dann, wie gesagt, überlassen wir uns dem Märchen. Aber halt! Warum wird diese konventionelle und phasenweise ausgesprochen reaktionäre Kinophantasie zum Kultfilm? Zum einen natürlich, weil offensichtlich jede Kinogeneration ihr jeweils eigenes romantisch-komödiantisches Bild von der Prostitution braucht, das bei der Behandlung dieses Tabuthemas dieses und jenes berührt, nur nicht die Wirklichkeit. Zum anderen: Weil die beiden Hauptdarsteller über diese Konstruktion, sogar über die vorhersehbaren Pointen hinausgelangen; sie sind in all dieser Künstlichkeit so natürlich, daß es einem das Herz umdreht. Sie spielen etwas anderes, Fundamentaleres Und Pretty Woman ist wie jeder Kultfilm auch Summe vieler anderer Filme wie Der Prinz und die Tänzerin, Rita will es endlich wissen, My Fair Lady usw. Vermutlich ergeht es, während die Zuschauerinnen so hier- und dorthin träumen, den Männern im Publikum wie es Wolf Donner nach einem waghalsigen Selbstversuch beschrieben hat: ›Sie (Julia Roberts, wer sonst?) hat eine dermaßen gute Figur, ein so unverschämt sympathisches Grinsen mit dem viel zu großen Mund, bewegt sich so beunruhigend sexy und muß sich, eine ganz gemeine Spekulation, auch noch permanent an- und ausziehen, daß mit Sicherheit das halbe Parkett nur sie anstarrt, mit offenem Mund und vielen unlauteren Gedanken. Jeder männliche Zuschauer ein kleiner Pygmalion.‹« (Hahn/Jansen, Kultfilme).



Auszeichnungen
Academy Awards, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1991
Oscar
Beste Hauptdarstellerin - Julia Roberts (Nominierung)
 
British Academy Awards, UK
Jahr   Kategorie/Preisträger
1991
British Academy Award
Beste Hauptdarstellerin - Julia Roberts (Nominierung)
Beste Kostüme - Marilyn Vance (Nominierung)
Bester Film - Garry Marshall, Arnon Milchan, Steven Reuther (Nominierung)
Bestes Originaldrehbuch - J.F. Lawton (Nominierung)
 
Golden Globes, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1991
Golden Globe
Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical) - Julia Roberts
Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical) - Richard Gere (Nominierung)
Bester Nebendarsteller - Hector Elizondo (Nominierung)
Beste Komödie/Musical (Nominierung)
 
Goldene Leinwand, Deutschland
Jahr Kategorie
1991


Goldene Leinwand

Goldene Leinwand mit 1 Stern

 


Bewertung
 
*
 


Literatur

Michael Althen in: SZ, 10.7.1990; Franz Everschor in: film-dienst, 12/1990; Peter Körte in: FR, 5.7.1990; Verena Lueken in: epd Film, 7/1990; Annette Meyhöfer in: Der Spiegel, 27/1990; Andreas Obst in: FAZ, 9.7.1990; Anke Sternberg in: Der Tagesspiegel, 7.7.1990

Cinema Nr.144 (5/1990), S.34; Nr.147 (8/1990), Plakatkarte

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998

Müller, Jürgen: Filme der 80er, Köln 2002



Weblinks

IMDB