Tampopo




Technisches
Land
 
J
Jahr
 
1986
Länge
 
114 min.
Farbe
 
Color
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm
 
(1.37:1/1.85:1)
Komödie


Credits
Regie   Juzo Itami
Drehbuch   Juzo Itami
Kamera   Masaki Tamura
Schnitt   Akira Suzuki
Musik   Kunihiko Murai, Gustav Mahler
Ton   Fumio Hashimoto
Ausstattung   Takeo Kimura
Kostüme   Emiko Kogo
Speisendesign   Izumi Ishimori, Seiko Ogawa
Produktion   Juzo Itami, Yasushi Tamaoki,
    Seigo Hosogoe/Itami Prod., New Century
Verleih   Kinowelt


Erstaufführung
Kinostart
D
  25.05.1989
       
 TV-Premiere
D
  02.01.1989, ARD
       
USA   08.12.1998 (Fox Lorber)


Einspielergebnisse

?



Darsteller
Tsutomu Yamazaki   (Goro)
Nobuko Miyamoto   (Tampopo)
Koji Yakusho   (Gangster)
Fukumi Kuroda   (seine Braut)
Ken Watanabe   (Gun)
Rikiya Yasuoka   (Pisken)
Kinzo Sakura   (Sohei)
Manpei Ikeuchi    
Yoshi Kato    
Shiji Otaki    


Inhalt
Ein Zufall führt die Fernfahrer Goro und Gun in das Restaurant der jungen Witwe Tampopo, die Mühe hat ihren kleinen Betrieb aufrechtzuerhalten. Goro verteidigt ihre Ehre in einer Schlägerei mit dem bulligen Pisken und beschließt, der sympathischen jungen Frau noch etwas Gutes zu tun: Er will sie zur besten Nudelsuppen-Köchin der Stadt machen. Zunächst muß sie wie eine Hochleistungssportlerin ein Konditionstraining absolvieren. Dann betreibt man konsequent Werksspionage bei den umliegenden Suppenküchen und gewinnt Fachleute zur Unterstützung. Ein Clochard entpuppt sich als Suppen-Experte, ein Chauffeur weiß (fast) alles über Nudeln, Pisken brilliert überraschend als Innenarchitekt; schließlich wird Tampopo durch ein Team von fünf Experten beraten. Am Ende künden Besucherschlangen vor dem Lokal vom Sieg. Goro und Gun besteigen ihren Lkw. Die Aufgabe ist gelöst. Ein zweiter Handlungsstrang erzählt die Geschichte eines Gangsters und seiner Geliebten. Eingangs räsoniert er über das Wesen des Films, später erreicht das Paar den Höhepunkt erotischer Lust nur mit Hilfe ungewöhnlicher Eßrituale, zum Schluß stirbt er, von Kugeln durchsiebt, in ihren Armen. Seine letzten Worte handeln von einem Wildschwein-Gericht, daß er gern mit ihr gegessen hätte.

 


Kritik

Die einfältig klingende Story macht Juzo Itami zu einer barbarischen, chaplinesken, ironischen, satirischen und erotischen, vor allem aber kulinarischen Odyssee auf der Suche nach der idealen Nudelsuppe. In die Haupthandlung streut er vielfältige Episoden ein, die sich allemal um die japanischen Koch-und Eßgewohnheiten drehen, ab und zu mit einem augenzwinkernden Blick auf die europäische Küche. Gleichsam ihre Quintessenz ist die Schlußszene: In Großaufnahme sieht man einen Säugling selig an der Brust der Mutter schmatzen; ein Mensch erlebt sein erstes kulinarisches Lustgefühl.

»Aber das Parodistische bildet hier nur den Grundton eines Montage-Films, der in seinen narrativen Abschweifungen um Elemente des Absurden und Melodramatischen erweitert wird. Einem vor Schmerzen rasenden Mann wird zum Beispiel ein Zahnabszeß geöffnet, dessen Gestank die gesamte Klinik zum Erbrechen bringt; eine alte Frau befriedigt in einem Supermarkt ihre perverse Lust am Zerquetschen von Lebensmitteln; ein Mann treibt seine Frau vom Sterbebett auf in die Küche - lächelnd bekocht sie die Familie ein letztes Mal, um dann tot zusammenzubrechen. Und schließlich eine Kuß-Szene, die im Kino des 20.Jahrhunderts einzigartig sein dürfte: Der Yakuza-Dandy läßt ein rohes Ei solange zwischen seinem Mund und dem Mund seiner Geliebten hin und her schlüpfen, bis ihr das aufgebrochene Eigelb von den Lippen rinnt. Itami hat mit Tampopo weniger eine Komödie produziert als vielmehr einen Essay-Film, der Variationen auf das Thema Essen zu einem Porträt der modernen japanischen Gesellschaft verdichtet.« (Lutz Nitsche in: Heinz B. Heller/Matthias Steinle (Hrsg.), Filmgenres: Komödie).

»Für den Menschen sind Essen und Sex im Grunde dasselbe. Ich will Leute in Situationen beschreiben, in denen Sex und Essen nicht klar getrennt sind«, umschreibt Regisseur Itami seine Motivation, einen Film zu drehen über die Symbiose von Speisekammer und Schlafzimmer. Tatsächlich lernt das erstaunte Publikum, wie oft ein roher Eidotter zwischen den Mündern zweier Liebender hin-und hergleiten kann, ohne zu zerfließen, oder wie man ein Liebesspiel mittels krabbelnder Garnelen lustvoll bereichern kann. Itami weiter: »Ursprünglich wollte ich einen Film über die Nahrung, übers Essen machen. Ich fabrizierte an die 30 Episoden und jonglierte mit ihnen, um sie irgendwie zusammenzufügen. Aber ich merkte, daß ich eine Handlungslinie brauchte, um sie miteinander zu verbinden. Dann kam ich auf die Idee, das Genre des Westerns zu benutzen: Ein Fremder kommt in die Stadt, verwandelt ein schäbiges Nudellokal in das beste der Stadt und verschwindet wieder. Um diesen Plot herum wollte ich Buñuels Idee aus Le fantôme de la liberté benutzen - die Idee des immer wieder abgebrochenen, abgebogenen Erzählens.« Tatsächlich wirkt Goro mit seinem breitrandigen Hut, den er selbst in der Badewanne nicht absetzt, wie die Summe vieler wortkarger und einsamer Westernhelden.

»Schwarzer Humor, eine zeitkritische Sitten- und Typenkomik, satirische und symbolische Handlungen, Farcen, Burlesken, Parodien, Travestien, immer in der aktuellen Realität Japans angesiedelt, geschickt die Rezeptionsmuster des Kinos nutzend, um das heimische Publikum für die eigenen Probleme zu interessieren.« (TIP).



Auszeichnungen

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Bewertung
 
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Literatur

Friedrich Luft in: Die Welt, 29.5.1989; Hans Messias in. film-dienst, 10/1989; H.G.Pflaum in: SZ, 16.6.1989; Georg Seeßlen in: epd Film, 6/1989; Karsten Visarius in: FR, 6.7.89

Cinema Nr.133 (6/1989), S.108

Heller, Heinz B./Steinle, Matthias (Hrsg.): Filmgenres: Komödie, Stuttgart/Leipzig 2005



Weblinks

IMDB

Filmkritiken.org (Kritik)