Dead Zone - Der Attentäter




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1983
Länge
 
103 min. (2833 m)
Farbe
 
color
Tonverfahren
 
Dolby
Format
 
35 mm (1.85:1)
Horror
Mystery
Science-Fiction


Regie   David Cronenberg
Drehbuch   Jeffrey Boam
Literaturvorlage   Stephen King
Kamera   Mark Irwin, John Stoneman
Spezialeffekte   John Belyeu, Michael Lennick
Schnitt   Ronald Sanders
Musik   Michael Kamen
Ton   Bryan Day
Prod.-Design   Carol Spier
Bauten   John Bankson, Kirk Cheney
Ausstattung   Barbara Dunphy, Dan Davis
Kostüme   Olga Dimitrov
Maske   Shonagh Jabour (Make-up), Jenny Arbour
    (Frisuren), Maureen Mestan (Frisuren)
Stunts   Dick Warlock, Carey Loftin
Produktion   Debra Hill für Paramount/Dino De
    Laurentis Corporation
Verleih   Neue Constantin


Kinostart
USA
  21.10.1983
D
  18.05.1984
       
DVD
USA
  19.09.2000 (Paramount)
USA
  05.11.2002 (Lion's Gate)
Gb
  18.10.2000 (Integral Video)
 
Gb
  15.07.2001 (Jupiter)
Gb
  04.03.2002 (Sanctury Visual Entertainment)
 
D
  01.04.2001 (Astro Film)
D
  20.04.2001 (Laser Paradise)
 
D
  26.09.2002 (Marketing Film)


 
D
 
353258 €, 99269 Zuschauer (1983)


Christopher Walken   (Johnny Smith)
Brooke Adams   (Sarah Bracknell)
Herbert Lom   (Dr. Sam Weizak)
Martin Sheen   (Greg Stillson)
Sean Sullivan   (Herb Smith)
Tom Skeritt   (Sheriff Bannerman)
Anthony Zerbe   (Roger Stuart)
Colleen Dewhurst   (Henrietta Dodd)
Nicholas Campbell   (Frank Dodd)
Jackie Burroughs   (Vera Smith)
Geza Kovacs   (Sonny Elliman)
Roberta Weiss   (Alma Frechette)
Simon Craig   (Chris Stuart)
Peter Dvorsky   (Dardis)
Julie-Ann Heathwood   (Amy)
Barry Flatman   (Walt)
Ken Pogue   (Vizepräsident)
Gordon Jocelyn   (5-Sterne-General)
Bill Copeland   (Staatssekretär)
Jack Messinger   (Therapeut)
Chapelle Jaffe   (Krankenschwester)
Cindy Hines   (Natalie)
Helene May   (Weizaks Mutter)


Johnny Smiths arbeitet als Englisch-Lehrer an einer Schule in Neuengland und steht kurz vor der Hochzeit mit seiner Kollegin Sarah Bracknell, der Liebe seines Lebens. Eines Nachts fährt er bei strömendem Regen in einen verunglückten Tanklaster. Als er wieder zu sich kommt, erfährt er zu seiner Bestürzung von seinen Eltern und Klinikleiter Dr. Weizak, daß er fünf Jahre im Koma gelegen hat. Seine Arbeit ist weg, Sarah hat einen anderen Mann geheiratet und ist inzwischen Mutter eines kleinen Jungen. Johnny muß sich damit abfinden. In der Klinik stellt er schnell fest, daß er über eine ungeahnte Fähigkeit verfügt: er kann bei Berührungskontakt in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von anderen Menschen sehen. Er sieht die kleine Tochter der Krankenschwester in ihrem brennenden Haus, das Kind wird gerettet. Der Klinikleiter erfährt von Johnny, daß seine todgeglaubte Mutter, von der er in den Wirren des Zweiten Weltkrieges getrennt wurde, lebt. Dr. Weizak ruft sie an, legt aber wortlos wieder auf. Johnny wird zum Gesprächsthema der Stadt. Um allen Gerüchten und dem Gerede ein Ende zu bereiten, gibt er der sensationslüsternen Presse eine Konferenz. Als er einem arroganten Reporter, der seine Fähigkeit in Frage stellt und sich über ihn lustig macht, vor laufender Kamera eine sehr private Demonstration seines Könnens liefert, kommt es zum lautstarken Eklat. Johnnys Mutter, die alles am Bildschirm verfolgt, verkraftet den Angriff auf ihren Sohn nicht und erleidet eine Herzattacke. Sie stirbt in Johnnys Armen. Er verflucht seine Gabe und zieht sich in selbstgewählte Isolation zurück. Verbittert lehnt er ein verzweifeltes Hilfeersuchen Sheriff Bannermanns ab, ihn bei der Jagd nach einem Serienmörder zu unterstützen. Erst nachdem er Sarah das erste Mal in seinem Leben geliebt und begriffen hat, daß sie einem anderen gehört und er nie eine Familie haben wird, hilft er dem Sheriff. Er findet heraus, daß Hilfssheriff Frank Dodd der Castle-Rock-Mörder ist. Dodd begeht im Badezimmer seines Hauses Selbstmord. Seine Mutter, die die Morde ihres psychopathischen Sohnes gedeckt hat, beschimpft Johnnys Gabe als satanische Fähigkeit und schießt auf ihn. Sie stirbt durch eine Kugel aus Bannermans Revolver. Nach diesem grauenhaften Erlebnis zieht Johnny in eine andere Stadt, wo ihn niemand kennt. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Nachhilfelehrer für Kinder. Er meidet den Kontakt mit anderen Menschen. Die Bittbriefe fremder Menschen, die sein Vater ihm nachschickt, legt er ungeöffnet beiseite. Auch sein physischer Zustand ist alarmierend. Seine Kopfschmerzen quälen ihn immer häufiger und er wird immer schwächer. Jedesmal, wenn ihn eine Vision überfällt, fühlt er einen Teil in sich sterben. Eines Tages bekommt er einen neuen Nachhilfeschüler, den sensiblen Jungen Chris Stuart. Die beiden mögen sich auf Anhieb. Johnny kommt zum Unterricht sogar zu Chris nach Haus. Doch als er Mr. Stuart bittet, ein geplantes Eishockeyspiel der Kinder abzusagen, wirft ihn Stuart hinaus und verbietet ihm jeden weiteren Kontakt mit Chris. Johnnys Vision bestätigt sich: das Eis bricht ein, zwei Kinder ertrinken. Chris überlebt, weil er Johnny geglaubt hat und nicht aufs Eis gegangen ist. Nun weiß Johnny, daß er nicht nur in die Zukunft sehen, sondern sie auch verändern kann, wenn seine Vision eine »tote Zone« hat. Zufällig begegnet er Sarah wieder, die mit ihrem Mann freiwillige Wahlkampfhelferin von Senatskandidat Greg Stillson ist, einen unangenehmen Mann, den Johnny im Hause der Stuarts kennengelernt hat. Stuart, ein finanzieller Unterstützer Stillsons, hat ihn damals vor dem gefährlichen Stillson gewarnt. In einer Vision sieht Johnny Stillson als Präsidenten, der die Welt in einen nuklearen Krieg führen wird. Johnny plant ein Attentat. Auf einer Wahlkampfveranstaltung schießt er auf Stillson, trifft aber nicht. Stillson greift sich Sarahs Baby und hält es als Schutzschild vor sich, so daß Johnny kein zweites Mal abdrücken mag und von Stillsons Leibwächter erschossen wird. Kurz bevor er stirbt, sieht er in einer Vision den Selbstmord Stillsons voraus, denn alle Zeitungen berichten mit Photos vom schäbigem Verhalten des Politikers. Im Sterben umarmt ihn Sarah weinend und gesteht ihm ihre Liebe.

 


Stephen King ist zumindest in seinem Genre der erfolgreichste lebende US-Autor. Fast alle seine Erfolgsromane wurde verfilmt, wobei die meisten Regisseure ziemliche Schwierigkeiten mit der entsprechenden Vorlage hatten. »...Kings Bücher, fast allesamt dicke Wälzer, sind weit mehr als bloße krude Aneinanderreihungen von Schreckens-Versatzstücken: psychologisch schwarze Komödien über die rationale Kühle des Konsum- und Erfassungsstaates, in dem die Individuen frieren und sich, zwecks Aufwärmung, nach einem quasi-religiösen Grundbedürfnis sehnen. King klotzt nicht mit Brocken abstruser Fantasy oder außer- und überirdischer Invasionen, sondern erkundet sorgsam abgezirkelte Wirklichkeitsausschnitte (das amerikanische Mittelstandsbürgertum), in denen - vom Normverhalten verdrängt - das Irrationale nistet. Zum szenischen Berserker ohne Kraftmeierei wird er erst, wenn er die unbefangene Neugierde des Lesers gepackt hat; dann erscheint ihm auch noch der letzte parapsychologische Mumpitz wie reine Logik. Das aber birgt eben auch ein Elend für die Filmregisseure, die sich seiner Romane annehmen. Weil das realistische Köcheln zu zeitraubend wäre, konzentrieren sie sich lieber auf die Momente, wo der Deckel vom Kochtopf fliegt. Sie raffen die Stories zugunsten des bildwirksamen Horrors und verfälschen Kings Intentionen. Selbst der vielgelobte Stanley-Kubrick-Film Shining wurde der Romanvorlage kaum gerecht. Kongenial aber hat erstmals David Cronenberg einen King-Roman umgesetzt... The Dead Zone ist ein wohltemperierter Film, dessen Dämonie und Diabolik sich fast ausschließlich in Blicken und stummen Beobachtungen erschließen. Die Spannung entsteht aus der Ambivalenz des Geschehens, aus der Verunsicherung des Zuschauers, Christopher Walken (der den Johnny Smith spielt) als Identifikationsangebot anzunehmen oder lieber doch abzulehnen. The Dead Zone ist die Anatomie der Katastrophe des guten Willens.« (Wolfram Knorr, Weltwoche).

»Cronenberg hat gemeinsam mit Drehbuchautor Boam aus einem sehr geschwätzigen Roman eine stark reduzierte Version erarbeitet, die sich allein auf Johnny Smith und sein tragisches Schicksal konzentriert. Er wollte einen sehr persönlichen Film machen wie zuvor mit Videodrome oder wie später mit The Fly und Naked Lunch. Das interne Drama um Johnny Smith hat er wiederum mit einer derartigen inneren Intensität und Emotionalität versehen, daß der Film nicht zu einem leicht verdaulichen Konsumgut geworden ist, auch wenn die typischen Cronenbergschen Bilder, die kompromißlosen blutigen, sexuell konnotierten biologischen Horrorvisionen fehlen. Thematisch erinnert The Dead Zone, der neben De Palmas Carrie und Kubricks The Shining zu den besten King- Verfilmungen zählt, vor allem an Cronenbergs Scanners und Videodrome: Außenseitertum, Hypersensibilität des Protagonisten, Visionen, Telepathie stehen im Zentrum von The Dead Zone. Wichtiger als die parapsychologische Problemstellung ist, daß Cronenberg eine Reihe von Themen aufreißt, mit denen sich auseinanderzusetzen seinem Horror-Publikum nur guttun kann: vom Sensationsjournalismus über den Atomholocaust, von moralischer Verantwortung bis zur Frage nach der Berechtigung des politischen Mordes. Johnny Smith ist zunächst ein Durchschnittsmensch, integriert und geachtet von der Gesellschaft. Nach zehn Filmminuten ist alles vorbei und er ist das, was er nie sein wollte: ein Außenseiter, den die Leute wie eine Monstrosität anstarren. Johnny möchte immer noch ein normales Leben führen so wie er es von früher kennt, doch im Innersten weiß er längst, daß er vom Leben abgeschnitten ist. Die Achterbahnfahrt zu Beginn des Films ist sinnfälliges Symbol für den Verlauf seines Lebens, das sich in einem kurzen Moment so entscheidend gewendet hat. Sein neues Leben wird bestimmt von körperlichen und seelischen Schmerzen, sexueller Frustration, zunehmender Isolation und dem Gedanken an ein anderes Leben, das er hätte führen können. Nur zwei kurze Momente des Glücks erlebt er in der Freundschaft zu dem ihm seelenverwandten Chris, sowie in den Intimitäten und dem anschließenden Familienidyll mit Sarah, einer Scheinidylle, einem geliehenen Glück. Johnnys außergewöhnliche Gabe macht ihn nicht zum gefeierten Helden und Frauenliebling, sondern liegt wie ein Fluch auf seinem Leben und zerstört es. Gedankt wird ihm nichts. Selbst seine Rettungsaktionen chlagen nach seinem Empfinden immer wieder ins Zerstörerische um, bringen keinen Segen. Die ganze Qual und Melancholie des Lebens spiegeln sich auf Christopher Walkens Gesicht wider. Es ist das Wichtigste im Film überhaupt und sagt mehr als alle Worte. Anders als dem Normalsterblichen ist Johnny mit dem Tag seiner Wiedergeburt, dem Erwachen aus dem komatösen Todesschlaf bewußt, daß er stirbt. Jeder Tag, jede Vision bringt ihn dem Tod ein Stück näher. Tod und Todessymbole begleiten sein neues Leben. Cronenberg wählte als Szenerie nicht das von King bevorzugte Neuengland mit seinen landschaftlichen Reizen und dem satten Grün im Sommer, sondern die winterliche Tristesse. Mit seinen kahlen Bäumen, Schnee, Eis und Regen, dem kalten, blauen Licht vermittelt es eine typisch Cronenbergsche Atmosphäre der Isolation, Düsterheit und Einsamkeit, die Johnny mehr und mehr umfängt, bis er völlig allein mit sich ist. Der Mann, der am Ende seinen einzigen Lebenssinn im Tod sieht - er weiß, er wird das Attentat nicht überleben - läßt seine Schüler das Märchen vom langen Schlaf des Dornröschens oder Geschichten vom todesbesessenen Poe lesen, dessen Gedichte er aufsagt, als kämen sie aus seiner eigenen Seele. The Dead Zone ist eine Meditation über den Tod. « (Holger Wacker in: Enzyklopädie des phantastischen Films).

»Dieser Horror-Thriller aus der Welt des Phantastischen beginnt harmlos in einer intakten Welt, mit der sich der Zuschauer sofort identifizieren kann. Gnadenlos und unabwendbar wird die Idylle jedoch jäh durch Grauen, Tod und Übersinnliches zerstört. Cronenberg gelingt eine überzeugende, eng an der Vorlage orientierte Verfilmung eines Stoffes, von dem zwar jeder weiß, daß es ihn gar nicht gibt. Angst und Grusel erzeugt der Film gleichwohl - und damit zugleich das beklemmende Gefühl, daß vielleicht doch etwas an den furchtbaren Phantasien, jenseits der Grenzen normaler Wahrnehmung, wahr ist. Das Ende hingegen, der Märtyrertod eines Einsamen im Kampf gegen seine wahnsinnigen Wahrnehmungen, verkommt zu einer platten Polit-Parabel. Dieses lärmende Finale kann jedoch kaum vergessen machen, daß über weite Strecken die düstere Atmosphäre des Romans kongenial eingefangen wurde. Viel mehr ist auch Stanley Kubricks King-Verfilmung Shining nicht gelungen.« (Die Welt).



-



 
*
*
*
 


Hubert Haslberger in: film-dienst, 11/1984

Cinema Nr.72 (5/1984), S.34

Collings, Michael R.: Stephen King und seine Filme (Heyne Filmbibliothek), München 1987

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Lexikon des Science-Fiction-Films, München 1997

Stresau, Norbert/Wimmer, Heinrich(Hrsg.): Enzyklopädie des phantastischen Films, Meitingen 1986ff