Der Glanz des Hauses Amberson




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1942
Länge
 
88 min. (2418 m)
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (1.37:1)
Drama


Regie   Orson Welles
    Freddie Fleck, Robert Wise, Jack Moss
Drehbuch   Orson Welles
Literaturvorlage   Booth Tarkington
Kamera   Stanley Cortez, Russell Metty,
    Russell A. Cully, Jack MacKenzie,
    Nicholas Musuraca, Harry J. Wild
Spezialeffekte   Vernon L. Walker
Schnitt   Robert Wise, Mark Robson, Jack Moss
Musik   Bernard Herrmann, Roy Webb
Ton   Bailey Fesler, James G. Stewart
Bauten   Mark-Lee Kirk
Ausstattung   Al Fields, Albert S. D'Agostino,
    Darrell Silvera
Kostüme   Edward Stevenson
Maske   Robert J. Schiffer, Maurice Seiderman
Stunts   David Sharpe, Helen Thurston
Produktion   Orson Welles für Mercury Produktions
    für RKO
Verleih   Lupe


Kinostart
USA
  10.07.1942
D
  22.07.1966
       
D
  27.02.1967, ZDF
       
DVD
D
  07.11.2000 (Arthaus)
 


?



Joseph Cotten   (Eugene Morgan)
Dolores Costello   (Isabel Amberson)
Donald Dillaway   (Wilbur Minafer)
Anne Baxter   (Lucy Morgan)
Tim Holt   (George Minafer)
Agnes Moorehead   (Fanny Minafer)
Ray Collins   (Jack Amberson)
Erskine Sanford   (Roger Bronson)
Richard Bennett   (Major Amberson)
J. Louis Johnson   (Sam)
Charles Phipps   (Onkel John)
Hilda Plowright   (Krankenschwester)
Drew Roddy   (Elijah)


Im Stil alter Fotografien (teilweise aufgenommen mit Weichzeichner) drehte Orson Welles dieses wunderschön ausgestattete Drama um den Aufstieg und Verfall einer reichen, großbürgerlichen Familie in Amerika zwischen den Jahren 1873 und 1912. Die Ambersons gehören um 1870 zu den angesehensten Familien im Staate Indiana; und so heiratet Isabel Amberson natürlich nicht Eugene Morgan, den leichtfertigen Erfinder "pferdeloser Wagen", den sie eigentlich liebt, sondern den ehrbaren Kaufmann Wilbur Minafer. Zwanzig Jahre später kommt Eugene, inzwischen im Norden ein erfolgreicher Autofabrikant, mit seiner Tochter Lucy in seine Heimat zurück. Wilbur Minafer stirbt: Isabel und Eugene kommen einander wieder näher und wollen heiraten. Aber Isabels eifersüchtiger und anmaßender Sohn George vereitelt diese Verbindung. Isabel stirbt einsam nach einer langen Auslandsreise. Spekulationen bringen die Ambersons in den Bankrott und George muss zum ersten Mal durch Arbeit Geld verdienen. Der inzwischen verarmte George wird auf der Straße von einem Auto - Symbol des unaufhaltsamen Fortschritts - überfahren. Er kommt ins Krankenhaus, wo sich Lucy voll Mitleid mit ihm versöhnt.

 


»The Magnificent Ambersons ist ein Torso. Seine bedauerliche Amputation, die wegen des kraftvollen Restes um so schmerzlicher und trauriger wirkt, ist eine Folge verwirrender Umstände; eine Menge subjektiver und objektiver Ursachen waren dafür ausschlaggebend. Es wäre falsch, die Zerstückelung nur ignoranten Studiobossen oder kommerziellen Zwängen zuzuschreiben, obwohl auch die natürlich mitwirkten. Welles selber hatte sich übernommen, war zu viele Verpflichtungen eingegangen und hatte seine Kräfte so überschätzt wie sein Organisationstalent.« (Peter W. Jansen/Wolfram Schütte (Hrsg.), Welles). Ein Jahr zuvor hatte sich Citizen Kane zwar als grandioser Einstieg von Orson Welles in die Filmwelt erwiesen, war damals aber an den Kinokassen nicht erfolgreich gewesen. RKO hatte weit über eine Million Dollar in Welles zweiten Film investiert und war darauf bedacht, diese Kosten wieder einzuspielen. Bei einer ersten Preview jedoch brach allgemeine Panik angesichts des fertigen Werks aus, das man für das Publikum schwer zugänglich hielt. Also wurde Welles gezwungen, die ursprüngliche Länge von 148 Minuten auf 131 Minuten zu reduzieren. Die Verleihfassung von 88 Minuten entstand, als Welles in Südamerika mit den Dreharbeiten zu It's all true beschäftigt war. Das Studio RKO kam nach mehreren Previews zum Ergebnis, dass der Film um mindestens 40 Minuten zu lang sei. Sie trat mit Änderungswünschen an mehrere Regisseure heran - darunter auch William Wyler. Aber alle weigerten sich, den Film anzurühren. Schließlich war es die Arbeit von Jack Moss und Robert Wise, die stark gekürzte Verleihfassung herzustellen und entsprechende Anschlussszenen zu drehen. Per Telefon und in seitenlangen Telegrammen hatte Orson Welles bis dahin vergeblich detaillierte Änderungsvorschläge formuliert. »Ungefähr 45 Minuten wurden herausgeschnitten - das ganze Herz des eigentlichen Films, für den der erste Teil nur Vorbereitung war «, kommentiert Orson Welles die Kürzungen, durch die der Film nicht nur seinen Rhythmus, sondern auch entscheidende Sinnzusammenhänge verloren hat: »Dieses Herz muss aus jenen (quasi-) dokumentarischen Sequenzen bestanden haben, die die Entwicklung und Vergrößerung der Stadt zeigten. Zwei Filmrollen war dieser Teil ursprünglich lang. Jetzt kann man bestenfalls andeutungsweise etwas davon in den fünf Szenen mit George auf der Hauptstraße sehen.« (Peter W. Jansen/Wolfram Schütte (Hrsg.), Welles). Orson Welles hat sich von diesem Film, der gekürzt und mit einem versöhnlichen Schluß versehen wurde, den Welles schwachsinnig fand, distanziert. »Unsere eigentliche Absicht war es, eine goldene Welt zu zeigen - eine, die es fast nur noch in der Erinnerung gibt -, um dann zu zeigen, was aus ihr geworden ist, wie das Automobil alles zerstört. Nicht nur die Familie, auch die Stadt. Übrig geblieben vom Konzept sind nur die ersten sechs Akte. Dann hat man den Film willkürlich beendet, indem man eine Reihe plumper, übereilter Ideen hineingefummelt hat. Die schlechte, schwarze Welt war angeblich unzumutbar für das Publikum.« (Orson Welles/Peter Bogdanovich, Hier spricht Orson Welles).

»Man kann in Citizen Kane einen Manipulationsfilm sehen - im Vergleich mit dem folgenden, The Magnificent Ambersons, der ein romanhafter Film ist und überhaupt das Gegenstück zu Citizen Kane, als ob der zweite Film von einem anderen Regisseur gedreht worden wäre, der den ersten haßt und ihm eine Lektion in Bescheidenheit geben wollte.« (François Truffaut). »Bescheiden ist dieser Film nun zwar auch nicht gerade, aber er ist doch sehr viel weniger spektakulär; er ordnet sich der Geschichte sehr viel mehr unter. Der eine ist, wenn man so will, journalistisch, der andere poetisch. Erinnernd, zurückgreifend sind sie beide. Beide versuchen, das irritierend Widersprüchliche der Gegenwart in den ursächlichen Bedingungen der Jugend wiederzufinden. Scheinbar sehr viel einfacher, in Wirklichkeit aber nur ruhiger, fließender, sind The Magnificent Ambersons mindestens ebenso ambivalent und vieldeutig wie Citizen Kane. Was dort das zwiespältige Verhältnis zur menschlichen Größe, ist hier der Zwiespalt von Trägheit und Aktion, von Tradition und Fortschritt.« (Peter W. Jansen/Wolfram Schütte (Hrsg.), Welles).



Academy Awards, USA
Jahr
  Kategorie/Preisträger
1943
Oscar
Beste Nebendarstellerin - Agnes Moorehead (Nominierung)
Beste Ausstattung - Albert S. D'Agostino, Al Fields, Darrell Silvera (Nominierung)
Beste Schwarzweißkamera - Stanley Cortez (Nominierung)
Bester Film - Orson Welles (Nominierung)
 


 
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Jansen, Peter W./Schütte, Wolfram (Hrsg.): Welles (Hanser Reihe Film Bd.14), München/Wien 1977

Müller, Jürgen: Filme der 40er, Köln 2006