Auf Liebe und Tod




Technisches
Land
 
F
Jahr
 
1983
Länge
 
111 min. (3028 m)
   
Originalfassung:
   
3038 m
Farbe
 
s/w
Tonverfahren
 
Mono
Format
 
35 mm (1.66:1)
Komödie
Liebesfilm
Krimi


Credits
Regie   François Truffaut
Drehbuch   François Truffaut, Jean Aurel, Suzanne
    Schiffman
Literaturvorlage   Charles Williams
Kamera   Nestor Almendros, Florent Bazin,
    Tessa Racine
Schnitt   Martine Barraqué, Marie-Aimée Debril
Musik   Georges Delerue
Ton   Pierre Gamet
Ausstattung   Hilton McConnico
Kostüme   Michele Cerf
Produktion   Jean-François Lentretien für Les Films du
    Carrosse/Films A2/Soprofilms
Verleih   Filmverlag der Autoren


Erstaufführung
Kinostart
F
  10.08.1983
D
  27.01.1984
       
DVD
USA
  04.05.2001 (Fox Lorber)
USA
  20.02.2002 (MK2 Productions)


Einspielergebnisse
 
D
  1534253 €, 416191 Zuschauer


Darsteller
Fanny Ardant   (Barbara Becker)
Jean-Louis Trintignant   (Julien Vercel)
Philippe Laudenbach   (Maître Clément)
Caroline Sihol   (Marie-Christine Vercel)
Philippe Morier-Genoud   (Kommissar Santelli)
Xavier Saint-Macarie   (Photograph)
Jean-Pierre Kalfon   (Jacques Massoulier)
Anik Belaubre   (Kassiererin des Eden-Kinos)
Jean Louis Richard   (Louison)
Yann Dedet   (Angelface)


Inhalt
Seiner hübschen Sekretärin Barbara überläßt Imobilienmakler Julien Vercel schon mal den Laden, wenn er lieber auf Entenjagd geht als zu arbeiten. Doch dieses Mal wird dabei jemand erschossen und da es zufällig der Liebhaber seiner Frau Marie-Christine ist, wird der Ehemann als erstes verdächtigt. Wenig später findet man auch deren Leiche. Für die Polizei ist eindeutig Julien der Täter. Vercel muß sich verstecken. Barbara hilft ihm. Sie bringt ihren Chef im Keller des Büros unter, von wo aus er seiner liebsten Beschäftigung nachgehen kann, dem Anstarren vorbeigehender Frauenbeine, und stellt auf eigene Faust Nachforschungen an. Sie glaubt an die Unschuld Juliens. Zwei weitere Morde geschehen und werden Vercel zugeschrieben. Barbara weiß es besser. Durch einen Zufall kommt sie dem wahren Mörder auf die Spur. Es ist der Notar Maître Clément, der sein Verbrechen aus Leidenschaft gesteht und sich anschließend selbst richtet. Barbara aber kann ihren Chef zum Traualtar führen.

 


Kritik
»Francois Truffauts Liebesverhältnis zum Film war immer geprägt von der Bewunderung für geniale Vorgänger (von Howard Hawks bis Hitchcock). Sie inspirieren ihn, und er benutzt sie - aber er ist nie ein Epigone, der nur fremde Federn klaut. So fügen sich alle Elemente der amerikanischen schwarzen Serie, sämtliche Variationen, Anspielungen und koketten Selbstzitaten aus alten Filmen, die Truffaut in diesem salopp-komödiantischen, französischen Charakterkrimi (nach der Vorlage The Long Saturday Night von Charles Williams) aus dem Ärmel zaubert, zu einer heiter-ironischen, originalen Truffaut-Création: Verklärung (und zugleich Umkehrung) des klassischen Kriminalromans. Das Luxus-Accessoire an diesem eleganten Truffaut-Styling ist Fanny Ardant, die Anti-Blondine: Die drahtige Dunkelhaar-Gazelle ist hier als bildschöner Gegentyp zur traditionellen, schnuckeligen Männergehilfin tätig - ein weiblicher Privatdetektiv von unerschrockener, lässig-listiger Dynamik. Die Dame ist Sekretärin, liebt heimlich den mordverdächtigen Chef (Jean-Louis Trintignant als mürrisch-ruppiger Dreiquartel-Bogart) und scheut auch nicht eine verwegene Nuttenverkleidung, um den blöde blondinenliebenden Trottel herauszuhauen. Ein Cineasten-Mordkrimi mit Witz und Grazie. Und wohin führt die Mörderspur? Natürlich zum Tatort aller Truffaut-Filme: In ein Kino!« (Ponkie, AZ).

Zu den Konstanten in Truffauts Werk gehören die Fortführung der Tradition des Film noir (Schießen Sie auf den Pianisten, 1960, Die Braut trug schwarz, 1967, Das Geheimnis der falschen Braut, 1968) und die Verteidigung des Schwarzweiß auf der Kinoleinwand. Nach den Filmen aus der Anfangszeit der Neuen Welle wurde 1969 Der Wolfsjunge in s/w gedreht. Beide Elemente vereinigen sich in Truffauts 21.Film, der sein letzter wurde, einer Kriminalkomödie, die darüber hinaus formal und inhaltlich wie eine Anthologie eines Vierteljahrhunderts Truffaut wirkt, und das ohne Staubwolken oder Nostalgie.

Auf Liebe und Tod ist ein frischer kleiner Spaß, den der Regisseur sich und den Samstagabendzuschauern gönnt, die sich unterhalten lassen wollen, ohne sich hinterher schämen zu müssen. Die Idee zu diesem Film entstand übrigens während der Dreharbeiten zu Die Frau nebenan. Eine nächtliche Szene, in der die Hauptdarstellerin im Trenchcoat erscheint, vermittelte plötzlich die Atmosphäre der »schwarzen Serie«, deren Heldinnen für den Regisseur in Fanny Ardant wieder lebendig wurden. Truffaut wählte einen Stoff von Charles Williams, da er in seinen Romanen die besten Frauengestalten fand. Auf Liebe und Tod bot sich an, weil sich in dieser Geschichte zwei Filmgenres vermischen ließen: eine Kriminalgeschichte, in der ein ganz normaler Mensch eine Ermittlung führt (eine Sekretärin, die die Unschuld ihres Chefs beweisen will, den man dreier Morde verdächtigt), und fast eine Ehekomödie, in der ein Paar sich unablässig streitet. Dazu kommen ein falsch Beschuldigter und der wirkliche Täter, die beide auch Held des Films Der Mann, der die Frauen liebte sein könnten. Daher stammt auch eines der vielen Selbstzitate, mit denen Truffaut seine Geschichte anreichert. Die Gesetze des Kriminalfilms nach dem »Whodunit«-Prinzip sind minutiös gewahrt. Zu ihnen gehört für den Regisseur auch ein gewisses Maß an Unwahrscheinlichkeit, das ihm von einigen Rezensenten vorgeworfen wurde.

»Truffauts Spiel mit dem Film noir, in dem Verbrechen nicht aus der Raubvogelperspektive der Polizei gezeigt wird, sondern als Tragödien und moralisch komplexe Handlungsweisen einzelner, die sich in unaufhörlichen Paradoxien und Dilemmata verfangen haben, bleibt an der Oberfläche. Auf Liebe und Tod erinnert weit mehr an die märchenhaft-grotesken Züge mancher Hitchcock-Komödien, er streichelt die Nerven der Zuschauer mit kleinen Sympathiewellen, statt sie auf die Folter der Paradoxie zu spannen.« (Gertrud Koch, FR).

»Seltsamerweise ist dieses Filmgenre in hohem Maße auf die Komplizenschaft des Publikums angewiesen. Immer wenn man in zu unwahrscheinliche Situationen gerät, muß man sehr wirklichkeitsgetreue Details einfügen, um das Unwahrscheinliche auch akzeptabel zu machen. Man kann keine hundertprozentig wirklichkeitsgetreuen Filme machen. Die wären langweilig. Aber man kommt nicht darum herum, unnütze Erklärungen einzufügen, um die Dinge zu rechtfertigen. Die Leute wollen, und von diesem Prinzip gehe ich aus, daß es funktioniert. Die Dinge werden mit Autorität vorgeführt. Zum Beispiel wird Auf Liebe und Tod mit großem Tempo gespielt. Es bleibt keine Zeit für eine Analyse. Das ist so etwas wie ein Rauschzustand. Während des Drehens muß man die Momente fühlen, in denen der Realismus unterstrichen werden muß, und auch diejenigen, in denen man die Aufmerksamkeit besser ablenkt. Geschichten sind immer unwahrscheinlich, aber das ist unwichtig, solange das Vergnügen an erster Stelle steht. Das Vergnügen muß stärker sein als die Analyse. Lubitsch z.B. hat sehr viel Spaß daran, das Publikum glauben zu lassen, es hätte erraten, was geschehen wird. Und am Ende der Szene steht dann die Überraschung, es passiert etwas ganz anderes. Das ist ein Spiel.« (Truffaut in Le Matin vom 8.8.1983).



Auszeichnungen
British Academy Awards, UK
Jahr   Kategorie/Preisträger
1984
Bester fremdsprachiger Film - François Truffaut (Nominierung)
 
César, Frankreich
Jahr   Kategorie/Preisträger
1984
Beste Regie - François Truffaut (Nominierung)
Beste Hauptdarstellerin - Fanny Ardant (Nominierung)
 

 

 



Bewertung
 
*
*
 


Literatur

Volker Baer in: Der Tagesspiegel, 27.1.1984; Doris Blum in: Die Welt, 27.1.1984; Florian Hopf in: tip, 2/1984; Peter W. Jansen in: Die Zeit, 27.1.1984; Hellmuth Karasek in: Der Spiegel, 30.1.1984; Gertrud Koch in: FR, 30.1.1984; Stephen Locke in: epd-Film, 1/1984; H.G. Pflaum in: SZ, 27.1.1984; Leo Schönecker in: film-dienst, 7.2.1984; Ruprecht Skasa-Weiß in: Stuttgarter Zeitung, 30.1.1984; Wolfgang Würker in: FAZ, 27.1.1984

Cinema Nr.69 (2/1984), S.60

Fischer, Robert (Hrsg.): Monsieur Truffaut, wie haben sie das gemacht, München 1993

Jansen, Peter W./Schütte, Wolfram (Hrsg.): Truffaut (Hanser Reihe Film Bd.1), München/Wien 1985

Winkler, Willi: Die Filme von François Truffaut (Heyne Filmbibliothek), München 1984



Weblinks

IMDB