Harry und Sally




Technisches
Land
 
USA
Jahr
 
1989
Länge
 
95 min. (2719 m)
Farbe
 
Color
Tonverfahren
 
Dolby
Format
 
35 mm(1.37:1/ 1.85:1)
Komödie
Liebesfilm


Credits
Regie   Rob Reiner
Drehbuch   Nora Ephron
Kamera   Barry Sonnenfeld
Schnitt   Robert Leighton
Musik   Wolfgang Amadeus Mozart
Songs   Frank Sinatra, Allman Brothers,
    Harry Connick Trio
Ton   David J. Hudson, Mel Metcalfe, Terry Porter,
    Robert Eber, Charles L. Campbell
    (Mischung), Louis L. Edemann (Mischung)
Prod.-Design   Jane Musky
Bauten   George R. Nelson, Sabrina Wright-Basile
Ausstattung   Harold Thrasher
Kostüme   Gloria Gresham
Maske   Stephen Abrums, Joseph A. Campayno,
    Kenneth Chase, Peter Montagna (Make-up),
    William A. Farley, Barbara Lorenz (Frisuren)
Produktion   Rob Reiner, Andrew Scheinman für
    Castle Rock Entert. mit Nelson Entert
Verleih   Jugendfilm, Marketing (Video)


Erstaufführung
Kinostart
USA   12.07.1989
D   14.09.1989
       
Videostart
D
  29.03.1990
       
 TV-Premiere
D
  03.10.1991, Premiere
       
DVD
USA
 

07.12.1998 (Polygram)

USA
  09.01.2001 (MGM Home Entertainment)
Gb
  07.12.1998 (Polygram)
D
  13.10.1998 (EuroVideo)
D
  05.04.2001 (MCP)
D
  14.07.2003 (MGM)


USA
 
92823000 $
 
D
 
10220545 €, 2435046 Zuschauer


Darsteller
Billy Crystal   (Harry Burns)
Meg Ryan   (Sally Albright)
Carrie Fisher   (Marie)
Bruno Kirby   (Jess)
Steven Ford   (Joe)
Lisa Jane Persky   (Alice)
Michelle Nicastro   (Amanda)
Gretchen Palmer   (Stewardess)
Harley Jane Kozak   (Helen)


Inhalt
1977. Eng umschlungen warten Harry Burns und seine Freundin Amanda auf den Campus der Universität von Chicago auf Sally Albright. Sally, Amandas beste Freundin, will nach New York auf die Journalistenschule. Harry, ein salopper Turnschuhtyp in Jeans, sucht eine billige Mitfahrgelegenheit. Sally fährt mit ihrem Wagen vor, kann sich aber nicht so recht bemerkbar machen. Erst ein kräftiges Hupen ist das Zeichen zum Aufbruch. Harry und Sally können sich nicht ausstehen, das ist schon klar, als sie sich sofort über den Schluß von Casablanca streiten. Er behauptet dabei frech, Männer und Frauen könnten nicht befreundet sein, weil immer der Sex dazwischenkäme. Doch Gegensätze ziehen sich an. Sie trägt die Nase eine Spur zu hoch, er trägt bei seinen Sprüchen zu dick auf, so machen sie sich interessant. In New York angekommen, wünschen sie sich beim Abschied gegenseitig das Beste. Fünf Jahre später: Harry trifft am Flughafen zufällig seinen alten Studienkollegen Joe. Joe hat eine Freundin im Arm, die Harry doch sehr bekannt vorkommt: er weiß nur nicht, wo er sie lassen soll. Wie das Schicksal es so will, sitzen kurz darauf im selben Flugzeug hintereinander, dann nebeneinander. Harry ist inzwischen als politischer Berater tätig und will heiraten. Harry gibt sich glücklich, seziert sein bisheriges Junggesellenleben und offenbart Sally, daß sie Probleme hätte. Amanda, die die beiden damals miteinander bekannt gemacht hatte, ist übrigens längst aus beider Leben verschwunden. Sofort sind beide wieder in Diskussionen und Dispute verstrickt, wollen in der Kürze der Zeit ihr ganzes Dasein vor dem anderen ausbreiten, spüren aber die Grenzen eines Konsenses allzu deutlich. Auf dem Laufband im Zielflughafen trennen sie sich. Weitere fünf Jahre später: Sally ist inzwischen 31 Jahre alt und hat sich von Joe getrennt. Harry ist mittlerweile von seiner Frau verlassen worden. Sally betritt mit ihrer Freundin Marie eine Buchhandlung, wo sie Harry wieder über den Weg läuft. Harry und Sally werden Freunde. Sie reden über ihre Verflossenen und miteinander, meist per Telefon. Sie sagen sich Wahrheiten oder was sie für Charakterschwächen halten. Sie sehen sich gemeinsam Casablanca an, beide im eigenen Bett, durchs Telefon verbunden.
Schließlich wollen sie sich gegenseitig verkuppeln. Sie soll seinen besten Freund Jess, er ihre beste Freundin Marie bekommen Doch leider funkt es zwischen Marie und Jess, die auch zusammenziehen. Besonders schwierig wird die freundschaftliche Beziehung zwischen Harry und Sally immer dann, wenn zufällige Begegnungen mit früheren Partnern innere Schieflagen erzeugen. Gegenseitige ironische Spitzen bewirken Haßtiraden. Beide gehen neue, lose Beziehungen ein, von deren Instabilität sie auch wissen. Als Sally erfährt, daß ihr Exfreund Joe gegen alle Schwüre doch heiraten will, muß sie ihre Gefühle unmittelbar Harry mitteilen. Der kommt sofort und findet ein Häufchen Elend - da aber kommt der Sex dazwischen. Am Morgen danach glauben sie beide, sie hätten einen Fehler gemacht. Er gibt ihr einen flüchtigen Kuß auf die Stirn und geht. Unabhängig voneinander - aber gleichzeitig - rufen sie Marie und Jess an und erzählen synchron fast das gleiche. Drei Wochen später. Harry und Sally sind Trauzeugen bei Marie und Jess. Aber ihr gemeinsamer »Fehler« hängt ihnen nach. Es kommt zum ausgewachsenen Krach. Während der Weihnachtsfeiertage versucht Harry vergeblich, sich mit Sally wieder zu versöhnen - sie ist nicht erreichbar. Silvesterabend: Sie ist zur Silvesterparty gegangen, fühlt sich fehl am Platz, einsam unter vielen Menschen. Er streunt durch die leere Innenstadt und trauert Zurückliegendem nach, lauft dann aber doch immer schneller zum Hotel, in dem die Silvesterparty steigt. Sie will kurz vor Mitternacht gehen Dann stehen sie sich gegenüber. Nach Harrys Liebeserklärung küssen sie sich zärtlich, und engumschlungen tanzen sie ins neue Jahr und ins neue Leben. Zum Happy-End sitzen sie, wie die alten Paare, die in halbdokumentarischen Einschüben als Zeugen der Unberechenbarkeit der Liebe ihre Love-Stories erzählen, wie weiland Philemon und Baucis auf der Couch.

 


Kritik
Es gibt Filme, die würde man sich niemals ein zweites Mal ansehen. Andere sollte man sogar zweimal ansehen. Und dann gibt es Filme, die kann man sich immer wieder ansehen. Rob Reiners leichtfüßige Beziehungskisten-Komödie gehört zu den letzteren. Harry und Sally war der Überraschungserfolg des Jahres 1989 und spielte laut Variety bereits in den ersten drei Monaten allein in den USA 85 Millionen Dollar ein. Regisseur Rob Reiner, der sich schon in Die Braut des Prinzen als Bewunderer von Liebesmärchen hervorgetan hat, erzählt die uralte Geschichte von »boy meets girl« mit Vergnügen noch einmal. Dabei weist der Film nicht nur Parallelen zu Woody Allens stadtneurotischen Werken auf (auch hier bildet der »Big Apple« die Kulisse für Menschen, die sich anscheinend hauptberuflich mit sich und ihren aberwitzigen Beziehungsproblemen beschäftigen), sondern macht auch - was das Rollenverständnis angeht - Anleihen bei der Ikonografie der amerikanischen Ehe- und Liebeskomödien der späten 50er Jahre. »Allerdings ist der Film weit entfernt von der Prüderie dieser Filme, spricht vielmehr aktuelle Probleme an: Ganz spielerisch, ohne doktrinär zu werden, spiegelt die Odyssee von Harry und Sally einen ganzen Kosmos von Lebensentwürfen, der sich nahe am realen Alltag orientiert und jede vorschnelle Mythisierung vermeidet.« (Horst Peter Koll, Filmdienst). Mit treffsicherem Witz enthüllen die brillant geschliffenen Dialoge der für den Oscar nominierten Drehbuchautorin Nora Ephron nicht nur immer wieder genau die Peinlichkeiten, die jedem so passieren, diese Kabinettstückchen sind auch in der Inszenierung exzellent getimt. Untermalt von Jazz-Standards der Dreißiger und Vierziger ziehen die beiden Protagonisten hinreißende Wortgefechte dem Sex vor und liefern mit ihren amüsanten Streitereien das wohl längste Vorspiel der Filmgeschichte.

Die beste Szene zeigt zudem Reiners Sinn für Situationskomik: Provoziert vom hagestolzen Harry spielt Meg Ryan als selbstbewußte Sally in einer Imbißbude einen Orgasmus so lebensecht vor, daß allen Insassen vor Staunen die Luft wegbleibt. Das Drehbuch sah nur vor, daß über Sex gesprochen wurde. Die berühmte Orgasmusszene war Meg Ryans Idee. Vielleicht ist das der Grund, warum sie sie so überzeugend gespielt hat. Es ist wohl das erste Mal, daß der »vorgetäuschte Orgasmus« auf diese lockere Weise zum Thema eines Films gemacht wurde, besser gesagt zum Thema von maximal einer Minute Handlung. Die Intensität der Szene wird nicht allein durch die Großaufnahme Meg Ryans erreicht, sondern auch durch die Reaktion, die sich zunächst auf Harrys Gesicht, dann auf den Gesichtern der Restaurantbesucher spiegelt. Wie die im Film zitierte Abschiedsszene aus Casablanca ist Meg Ryans Szene zum Klassiker-Quickie geworden. »Jeder, der den Film gesehen hat, wird sich an diese Szene erinnern, auch wenn er den Rest vergessen hat.« (Karsten Prüßmann, Meg Ryan). Die alte Dame am Nebentisch wurde übrigens von Regisseur Rob Reiners Mutter verkörpert.

»Der Figurentypus der Sally wird zur Lebensrolle Meg Ryans und in Filmen wie Schlaflos in Seattle oder E-Mail für dich ausgebaut und variiert. Auffällig an Meg Ryans Schauspiel ist die konsequente Ausarbeitung persönlicher kleiner Standardszenen, ein komisches Repertoire an Manierismen und Ritualen, wie z.B. das exzessive Spiel mit Papiertaschentüchern oder ihre Ticks im Umgang mit Nahrungsmitteln. Wenn Sally Briefe einwirft, braucht sie Stunden, weil sie sich von jedem Einzelnen verabschiedet und den Briefschlitz auf seine Tauglichkeit kontrolliert. Sally ist die sympathische Stadtneurotikerin, irgendwie gesünder als die Frauen Woody Allens und letztlich unkomplizierter. Dagegen reift der ungehobelte Defätist Harry am Leben und den Frauen zum depressiven Hypochonder. Reiner karikiert nicht nur die Selbstbespiegelungstendenzen und die zwischenmenschlichen Verkrampfungen der Singleszenen in New York und anderswo, sondern inszeniert in seiner zwölf Jahre andauernden Liebesgeschichte zugleich eine kleine Geschichte der verunglückten Föhnfrisuren, der überflüssigen Vollbärte und figurfeindlichen Bundfaltenhosen der achtziger Jahre.« (Susanne Marschall in: Thomas Koebner (Hrsg.), Filmklassiker).

Harry und Sally gehört längst zu den Klassikern der amerikanischen Filmkomödie - trotz denkbar ungünstiger Voraussetzungen für einen guten Film. Denn einer Minimalhandlung steht ein Maximum an Rededuellen gegenüber. Amerikanische Zeitungen sahen nach der Premiere das postsexuale Zeitalter, eine Art »neue Enthaltsamkeit« angebrochen »Reden ist der Sex der achtziger Jahre«, so Time. »Die saloppe Formulierung unterschlägt, daß Reiners Figuren durch Ehe und Beziehungsdramen beschädigt und sensibilisiert, gelernt haben. mit ihren Gefühlen hauszuhalten, um neuerlichen Enttäuschungen zu entgehen.« (Raimund Gerz, EPD Film). Daß sie die Erfahrungen mit ungezählten Leidensgenossen teilen, macht den anhaltenden Erfolg des Film aus, macht ihn zum Kultfilm der arrivierten 30jährigen, die kurz vor der Mitte des Lebens ihrer kaputten Erstbeziehung nachtrauern und vor lauter Erfahrung nicht wissen, ob und wie es mit festen Bindungen weitergehen soll. Taktik ist angesagt, doch am Ende siegt immer noch das Gefühl.



Auszeichnungen

Academy Awards, USA
Year   Kategorie/Preisträger
1990
Oscar
Bestes Originaldrehbuch - Nora Ephron (Nominierung)
 
British Academy Awards, UK
Jahr   Kategorie/Preisträger
1990
British Academy Award
Bestes Originaldrehbuch - Nora Ephron
Bester Film - Rob Reiner (Nominierung)
 
Golden Globes, USA
Jahr   Kategorie/Preisträger
1990
Golden Globe
Beste Regie - Rob Reiner (Nominierung)
Beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical) - Meg Ryan (Nominierung)
Bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical) - Billy Crystal (Nominierung)
Bestes Originaldrehbuch - Nora Ephron (Nominierung)
Beste Komödie/Musical (Nominierung)
 


Bewertung


Literatur

Michael Althen in: SZ, 14.9.1989; Raimund Gerz in: epd Film, 9/1989; Horst Peter Koll in: film-dienst, 20/1989; Rainer Nolden in: Die Welt, 13.9.1989; Milan Pavlovic in: Kölner Stadt-Anzeiger, 23.9.1989; Claudius Seidl in: Die Zeit, 15.9.1989; Willi Winkler in: Der Spiegel 50/1989

Cinema Nr.136 (9/1989), S.56; Nr.137 (10/1989), Plakatkarte

Hahn, Ronald M./Jansen, Volker: Kultfilme (Heyne Filmbibliothek), München 1998

Müller, Jürgen: Filme der 80er, Köln 2002



Weblinks

IMDB